VIER TICKETS NACH AOGASHIMA.

Als ich eines Tages im Internet surfte, entdeckte ich eine Geschichte über einen sehr ungewöhnlichen Ort in Japan – er ist nicht einfach zu erreichen, aber gleichzeitig wunderschön und ziemlich interessant. Es handelt sich dabei um die Insel Aogashima, die mehrere Hundert Kilometer südlich von Tokio liegt, an der Grenze zwischen dem Philippinischen Meer und dem Pazifik. Mir war sofort klar, „das sollte ich mir mal ansehen.“ Und am vergangenen Samstag habe ich das gemacht. Wirklich interessant und sehr empfehlenswert!

Schauen wir erst einmal, was das für eine Insel ist.

Sie ist ein vulkanisches Stillleben aus einer uralten Caldera, die in sich zusammengebrochen ist, sowie einem sehr schönen Kegel eines neuen Vulkans, der seit ein paar Hundert Jahren in der Caldera wächst.

Luftaufnahmen zeigen Folgendes:

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aogashima-island-japan-2Wow… Dieser ungewöhnliche, abgelegene Ort lockt mich, besteht darauf, dass ich sofort ein Ticket löse und dort hin fahre! Also rief ich KL Japan an, um mehr darüber herauszufinden und weitere Reisevorbereitungen zu treffen, die sich als recht kompliziert herausstellten.

Ja genau. Die Insel zu erreichen, war nicht gerade einfach.

Man erreicht sie nur von der nahe gelegenen Insel Hachijo-Jima, die über 70 Kilometer entfernt liegt und nur von Tokios Haneda-Flughafen erreichbar ist. Täglich gibt es dorthin drei Flüge, so dass es kein Problem ist, nach Hachijo-Jima zu kommen. Doch von dort zum eigentlichen Ziel Aogashima zu gelangen, ist schon etwas komplizierter: Man erreicht die Insel entweder per Helikopter oder per Schiff, und die gehen nicht regelmäßig. Täglich, so etwa um 9 Uhr morgens, gibt es einen (!) Helikopterflug. Um den zu erwischen, mussten wir Tokio mit dem Flug um 7:30 Uhr verlassen. Raten Sie mal, wie lange wir brauchten, um in die Vertikale zu kommen… ja, genau. Es war der Samstag Morgen nach der Freitag Nacht in Tokio, die für manche nicht so erfahrene Reisende erst um etwa 7 oder 8 Uhr morgens endet.

Als Belohnung für das frühe Aufstehen, sahen wir während des Fluges den Fuji, fast in seiner vollen Pracht, von einem Fenster auf der rechten Seite des Flugzeugs. Und natürlich viele weitere, weniger bemerkenswerte, aber dennoch sehr schöne japanische Sehenswürdigkeiten.

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aogashima-island-japan-4Wer hätte gedacht, dass wir am nächsten Tag auch diesen Vulkan besteigen würden:
aogashima-island-japan-5Die Verbindung ist auf Hachijo-Jima (das bedeutet „die Insel von Hachijo“).

aogashima-island-japan-6Im Hintergrund sieht man eine Gruppe von Studenten, die aufs „Festland“ fahren.
aogashima-island-japan-7Hier kommt unsere Klapperkiste. Also passt das Wetter zum Fliegen! Und wir werden fliegen!
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aogashima-island-japan-9Angekommen. Meine erste Reaktion war: „Endlich sind wir an diesem nur-Gott-weiß-wo-er-sich-befindet-Ort.“

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aogashima-island-japan-11Die Insel ist wirklich klein, so etwa 5 mal 3… nun, laut Wikipedia ist sie sogar kleiner: nur 3,5 mal 2,5 Kilometer. Bevölkerung: 190 🙂

aogashima-island-japan-12Es gibt hier einige Straßen und sie sind alle, nun ja, eng. Auf der ganzen Insel ist die Geschwindigkeit auf 30 beschränkt. Wahrscheinlich gibt es sowieso nichts, wohin man eilen müsste: Man kann von einem Punkt der Insel zu jedem anderen Punkt in, sagen wir mal, 15 Minuten gelangen. Wenn man es nicht eilig hat.

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aogashima-island-japan-18-1Ich denke, die Insel hat „per capita“ mehr Straßen, Hotels (wir haben eines gefunden) und Bars/Restaurants (zwei), als sonst ein Ort. Allerdings haben wir keine Kinos oder Nachtclubs entdeckt 🙂

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aogashima-island-japan-20Wie man sich denken kann, gibt es nur eine Tankstelle. Und auch hier könnte die Insel der Sieger im Per-Capita-Wettbewerb sein, oder zumindest weit vorne dabei.

Kein Gedränge an der Tankstelle. Und auch keine Staus auf den Straßen, Schlangen in den Läden (oder besser gesagt, dem Laden, denn es gibt nur einen) oder „Voll-besetzt“-Schilder vor den örtlichen Restaurants. Im Gegenteil: Wenn ein Auto vorbeifährt, winken die Menschen und sagen „Konnichiwa“ (oder „Ohayou gozaimasu“ oder „Konbanwa“ – je nach Sonnenstand).

Nicht-japanische Besucher der Insel (momentan sind das bloß wir) – nun ja, wir sagen ebenfalls „Konnichiwa“, winken mit den Händen und versuchen generell, uns auf die angemessene japanische Art zu verhalten. Wir haben unser Bestes versucht! Dennoch hat ein kleines Kind im Laden zu weinen angefangen und sich angstvoll an seine Mama gedrückt, als es uns „sehr ungewöhnliche Menschen“ sah. Und der Einheimische, der uns sein Auto lieh, sagte: „Nun, wir haben hier hin und wieder Fremde, doch es ist das erste Mal, dass Russen hierher kommen.“ So geht’s.

Hier unser Auto:

aogashima-island-japan-21Übrigens liegt Aogashima in der Präfektur Tokio, obwohl es 360 Kilometer von der Stadt entfernt ist. Man kann also sagen, dass „die Straßen von Tokio so einigermaßen und die Tunnel zu eng für zwei Autos nebeneinander sind, doch dass die Einheimischen sehr höflich sind und immer stehenbleiben, wenn sie ein Auto sehen, und dem Fahrer freundlich zuwinken.“

Wie auch immer, wir konnten unsere Überraschung unter Kontrolle halten, fanden heraus, was was ist, und sind im örtlichen „Business-Hotel“ abgestiegen. So nennen es die Einheimischen – so steht es auf dem Schild. Hat aber dennoch nur eine Toilette pro Stockwerk 🙂

Was als nächstes? Das Wichtigste war natürlich, bis zum Gipfel zu steigen und die Landschaft und den Ausblick aufzusaugen – das ist genau mein Ding! Also los…

Es ist heiß, es ist feucht, es ist stickig und man hat Bambus und tropische Dinge überall. Aber es geht nicht so hoch hinauf – nur etwa 100 oder 150 Meter in der Vertikalen. Sehr schön! Nicht ganz so großartig, wie man auf den Profifotos sehen kann, aber dennoch recht beeindruckend. Wenn wir nur nicht um sechs Uhr früh hätten aufstehen, in ein Flugzeug und dann einen Hubschrauben steigen müssen…

aogashima-island-japan-22Wir haben es also nach oben geschafft und konnten einen Rundumblick riskieren… Umwerfend! Die alte Caldera ist recht groß, mit einem Miniaturtal im Inneren und einem neuen Vulkankegel darin. Sehr, sehr fotogen! Und der Kegel des Vulkans ist in Streifen gemäht worden, damit man ihn besser sieht.

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aogashima-island-japan-29Wir hätten sehr lange dort stehen (oder sitzen) und die Aussicht genießen können, wenn nicht die lokalen Mücken gewesen wären – klein und mit langen Körpern. Die waren echt nervig. Sie sind größer als Moskitos, aber kleiner als normale Fliegen. Und es gibt viele davon. Endlose Massen. Auf den Fotos sehen Sie nicht viel davon, denn sie interessierten sich kaum für den Fotoapparat. Interessanterweise sammeln sich diese Mücken auf dem Körper, kitzeln einen, stechen aber nicht. Das ist wohl die traditionelle japanische Höflichkeit. Wenn sie auf ein Opfer zufliegen, summen sie (offenbar) so etwas wie „Sumimasen darf-ich-dich-stechen kudasai?“ Doch die ignoranten Gaijins antworten nie, so dass die Mücken katatonisch werden und einfach nach irgendetwas fragen, das funktionieren könnte… doch das tut es nie.

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aogashima-island-japan-29-2Ich bin mir nicht ganz sicher, aber diese Mücken könnten saisonal sein. Es muss eine Jahreszeit geben, in der sie nicht herumfliegen und die Luft frisch und klar ist, und die Sakuras blühen und die Gaijins kostenlos Sake in ihre Misosuppe bekommen. Ich weiß es nicht. Aber eines ist sicher: Es ist einfacher, hierher zu kommen, als wieder abzureisen. Die Wetterbedingungen können so extrem sein, dass Touristen mit weniger Glück tage- oder wochenlang hier auf besseres Wetter warten müssen, um wieder zum „japanischen Festland“ zurückkehren zu können. Der Wind bläst, das Meer tost, der Regen strömt… Warum die Eile? Man hat es hier besser, in Sicherheit auf der gemütlichen, gastfreundlichen Insel, wo…

…wo man überall herumfahren und spazieren und alles sehen und fotografieren kann – an einem einzigen Tag. Bis zum Gipfel hochsteigen, die Kante des inneren Vulkankegels entlangwandern und den Hafen besuchen – alles am gleichen Tag.

Rundgang um den inneren Kegel.
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aogashima-island-japan-26Dann wirft man von der alten, baufälligen Straße einen Blick auf den neuen Hafen und versucht anschließend, zum alten Hafen zu fahren. Dann lässt man sich das Mittagessen auf einem „vulkanischen Dampfofen“ zubereiten (alles wird hier mit Dampf gekocht) und besucht anschließend das japanische Onsen-Bad, das an diesem Ort mit dem kostenlosen Heißwasser und den unterirdischen Dampfquellen betrieben wird. Dann geht man einfach die örtlichen Straßen entlang, hierhin und dorthin, und passt auf, dass man die Einheimischen nicht stört. Dann inspiziert man jede der beiden örtlichen Bars/Restaurants, und dann – ab ins Bett.

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aogashima-island-japan-33Wenn es um Tiere auf der Insel geht: Wir haben nur etwas gesehen, das wie weiße Enten ausgesehen hat, und viele Katzen. Und natürlich diese Fliegen auf dem Berggipfel.

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aogashima-island-japan-37Erosion (und Versuche, sie einzudämmen) und der neue Hafen sind ebenfalls örtliche Attraktionen.

Während der Regenzeit erodieren die Hänge recht stark, bis zum darunterliegenden Fels. Die Konsequenzen dieses unglücklichen Phänomens kann man an den äußeren Hängen der Caldera sehen. Die Einheimischen verankern erodierte Stellen mit Betonfassungen. Von Weitem sehen sie recht überirdisch aus und wenn man die Augen zusammendrückt, kann man so etwas wie einen Gaudi-Stil in ihnen erkennen 🙂

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aogashima-island-japan-44Das ist der neue Hafen – wow! So etwas Großes für eine Bevölkerung von weniger als 200 Menschen? Mir kam folgender Gedanke: „Wie viele Kubikmeter Beton haben sie hier pro Einwohner verlegt?“ Lustig… Nun, da das hier Japan ist, bin ich kaum überrascht.

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aogashima-island-japan-50Wie könnte ich an einem Spiegel vorbeigehen, ohne ein Selfie zu machen?

aogashima-island-japan-51Mehr Fotos gibt’s hier.

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