5 Sep 2014
Tya-Tya-Cha.
Der Tyatyaauf der Insel Kunaschir ist ohne Zweifel einer der schönsten Vulkane der Welt. Wenn also der Atsonupuri der Aston Martin der Vulkane war, muss der Tyatya wohl der Rolls Royce der Vulkane sein, denke ich.
Er hat eine fast perfekte, konische Form mit abgeschnittener Spitze. Und von der großen, alten Caldera ragt ein weiterer, junger Kegel 300 Meter in die Höhe.
Wenn man mit dem Wetter hier Glück hat, ist der Vulkan komplett zu sehen – und die Aussicht ist einfach fantastisch, wurde mir gesagt. Leider haben wir sie nur an einem zunehmend bewölkten Abend gesehen. Nichtsdestotrotz ist es natürlich möglich, dieses erstaunliche Naturspektakel ewig anzustarren – egal, wie schlecht das Wetter oder wie ungewohnt die Tageszeit ist.
Wir hatten Glück – irgendwie. Auf dem Gipfel brannte die Sonne auf uns nieder, ohne eine einzige Wolke am blauen Himmel, die das Ganze hätte trüben können. Doch unten bedeckte dichter Nebel das Meer, also sahen wir auf der einen Seite nur den Gipfel sowie den Nachbarvulkan Ruryui und auf der anderen Seite den (glaube ich) Vulkan Berutarube auf der Insel Iturup.
Nicht, dass wir uns generell über das Wetter hätten beschweren können. Wie man uns sagte, waren auf unserer Kurilen-Expedition von Norden nach Süden die Wetterverhältnisse erstaunlich mild gegenüber dem, wie es hier normalerweise ist. Immerhin können die jährlichen Sonnentage in dieser Ecke der Welt normalerweise an den Fingern abgezählt werden.
Wie auch immer, kommen wir zum Tyatya…
Der Vulkan steigt auf 1.819 Meter über dem Meeresspiegel an (eigentlich ein paar Meter weniger, seit der Krater ein bisschen eingestürzt ist). Ihn zu besteigen ist ermüdend und dauert zu Fuß ewig; allerdings ist das Ganze niemals zu schwer und das Hoch- und Runtergehen kann auf jeden Fall an einem Tag geschafft werden. Viel mehr Spaß macht es aber, den Weg auf Quads zurückzulegen!
Uns wurde gesagt, dass man sich früher mehrere Kilometer durch dicken Bambusdschungel hochkämpfen musste. Heute ist der Aufstieg viel einfacher – von der Küste zum Fuß des Vulkans haben die Quads einen recht einfachen Pfad zurückgelegt.
Nach ein paar Stunden Quadfahren spaltete sich unsere Gruppe alledings in jene, die bereits fix und fertig waren, und jene, die immer noch genug Kraft in sich hatten. Also teilten wir uns auf: Die Elche, die das letzte Stück des Weges zu Fuß weitergingen, und die Krabben, die sich hinlegten und nicht mehr viel bewegten – wie Krabben halt.
Nach einer Stunde des akrobatischen Kletterns über einen (verfestigten!) Lavastrom, kamen die Elche schließlich am südlichen Teil des Kegels an. Und dort…
Die Elche hatten alle Hände voll zu tun. Die Lava war verschlungen und uneben, und unter den Füßen brachen laufend Steine weg, so dass man bei jedem Schritt aufpassen musste. Wanderstöcke sind ein Muss, von ausreichenden Wasservorräten ganz zu schweigen.
Und wenn man glaubt, man hätte es auf den Gipfel des Kraters geschafft, bemerkt man, dass es noch weiter geht! Der eigentliche, topografische Gipfel liegt 200 Meter gegen den Uhrzeigersinn weiter. Hmmm. Der Wind bläst, Fumarole rauchen, Stiefel rutschen auf dem Weg ab… wunderbar! Zumindest kann man seinen Spaß haben, indem man gegen den Wind anschreit und unheimliche Vulkan-Echos erzeugt!
Die Aussicht vom Vulkan Tyatya – von @e_kaspersky. Da will man Cha-Cha tanzen<em>.</em>Tweet
Auf dem westlichen Abhang liegen die Überreste eines Mi-8-Helikopters, der leider im Jahr 1983 an der Seite des Vulkans abgestürzt ist. Niemand hat dabei überlebt. Ein makabres Spektakel.
Auf dem Weg zurück mussten wir unser Tempo etwas erhöhen, da wir doch etwas zu lange auf die Schönheit des Kraters gestarrt hatten. Wir mussten zurück zum Schiff kommen und weiter nach Juschno-Kurilsk fahren, wo ein schönes und gemütliches Hotel auf uns wartete. Aber trotz aller Eile haben wir das Schiff nicht rechtzeitig erreicht – nicht rechtzeitig bevor die Grenzwachen Feierabend machen. Keine Grenzwachen – kein Grenzübertritt (nach… – das erzähle ich Ihnen später!…). Zur Freude aller hatten wir also eine weitere Nacht an Bord der „Athens“ :).
Die restlichen Fotos finden Sie hier.