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11.11: Zwanzig Jahre auf den Tag genau!

Hallo zusammen!

Wir haben ein weiteres Jubiläum zu feiern. Hurra!…

Unser cyber-immunes Betriebssystem – KasperskyOS – ist heute… Moment. Nein, das ist nicht ganz richtig…

Vor genau 20 Jahren – am 11. November 2002 – begann unsere lange, bedeutsame Reise; eine Reise, auf der wir uns tatsächlich immer noch befinden. Ein großes, grandioses Projekt, das noch so vieles im Bereich der globalen Cybersicherheit verändern wird (und bereits verändert!). Und nein, das ist wirklich keine Übertreibung, sondern nichts als die Wahrheit. Aber um die ganze Geschichte unseres cyber-immunen Betriebssystems zu erfahren, müssen wir zunächst einen großen Sprung zu seinen bescheidenen Anfängen in den frühen 2000er Jahren machen…

Bevor wir jedoch 20 Jahre zurück in die Vergangenheit reisen, möchte ich noch ein paar Worte zur Gegenwart verlieren. Heutzutage weiß jeder, der nicht hinter dem Mond lebt, wie wichtig Cybersicherheit wirklich ist. Billionen von US-Dollar werden heute für die Behandlung der Symptome von Cyberproblemen ausgegeben; für die Beseitigung ihrer Ursachen ist das Budget jedoch knapp. Und die einzige Möglichkeit, den Kreislauf der ständigen Symptombekämpfung zu durchbrechen, besteht in einer Überarbeitung der Architektur von Computersystemen. Stimmen Sie mir in diesem Punkt zu? Ja? Gut, das freut mich!…

Das ist mir bereits vor mehr als 20 Jahren – im Herbst 1989! – bewusst geworden. Zu diesem Zeitpunkt wurde mein PC mit dem Cascade-Virus infiziert, der mich sofort neugierig stimmte und mich dazu bewegte, einen Schutz gegen diese und alle anderen Cyber-Viren entwickeln zu wollen.

Für uns war Neugierde also der Anfang von allem. Sie war der Grund, warum unser Antivirenprogramm -V überhaupt erschien, warum später Kaspersky Lab gegründet wurde und warum wir am Ende rund um den Globus expandierten.

12 Jahre nach Cascade realisierte ich schließlich, dass bestehende Betriebssysteme unvollkommen sind und in mir wuchs der stetige Drang, etwas dagegen zu tun (sollten das für Sie zu viele Details der Geschichte sein, tut es mir leid, aber das ist schließlich unser Werdegang😊…). Diese Erkenntnis kristallisierte sich als Ergebnis der folgenden logischen Kette heraus:

1) Die digitale Bösartigkeit war auf dem Vormarsch – und sie würde nur noch schlimmer werden, d. h. weiterverbreitet, vielfältiger und komplexer. Es bestand sogar die Gefahr, dass die globale Cybersicherheitsindustrie irgendwann nicht mehr in der Lage sein würde, mit der Situation fertig zu werden.

2) Das Hauptproblem war die grundsätzlich fehlende Sicherheit von Betriebssystemen: Sie wiesen mehr Löcher als Schweizer Käse auf, mit anderen Worten: sie waren verwundbar. Und es war einfach unmöglich, ihnen ein ausreichend hohes Maß an garantierter Sicherheit zu bieten.

3) Die beiden oben genannten Punkte führten zu folgender Frage: Wäre es möglich, ein Betriebssystem zu entwickeln, das von Grund auf sicher ist? Damit meine ich, per Definition sicher und architektonisch und mathematisch erwiesenermaßen sicher. Ein Betriebssystem, das überhaupt keinen Virenschutz benötigt: ein cyber-immunes Betriebssystem.

Dieser dritte Punkt führte zu einer Reihe von Treffen, an denen unser Team von Spitzeningenieuren/Architekten/Visionären teilnahm. Und das erste Treffen dieser Art fand damals am 11. November 2022 in meinem kleinen Büro in der Hauptgeschäftsstelle statt – ganz einfach deshalb, weil wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht über Meetingräume verfügten.

Ich kann mich nicht erinnern, wie hitzig die Diskussion war. Aber ich erinnere mich, dass wir zu sechst waren (und wir alle unverletzt blieben!). Ich erinnere mich auch, dass wir alle sehr fasziniert von der Idee waren und dies auch in den darauffolgenden Treffen blieben. Und das, obwohl wir zu dieser Zeit alle so beschäftigt waren wie nie zuvor. Aber Rom wurde nicht an einem Tag gebaut, und auch nicht unser sicheres Betriebssystem. Daher setzten wir derartige Treffen mehrere Jahre lang so fort. Wir beschlossen übrigens auch, unseren Treffpunkt zu verlegen… und zwar in die Kneipe Fox & Pheasant in der Twerskaja-Straße im Zentrum Moskaus (Sie brauchen nicht danach suchen, die Kneipe gibt es schon lange nicht mehr). So kam es dazu, dass unsere ersten Ideen zu den Plänen für unser OS kurzerhand auf die Papierservietten der Kneipe gekritzelt wurden. Sehr wissenschaftlich. Aber ich schweife vom Thema ab…

2005 ging unser OS-Projekt dann von der konzeptionellen in die praktische Phase über: Andrey „Petrovich“ Dukhvalov und seine Truppe kamen eines Tages in mein Büro und verkündeten, dass sie mit der konzeptionellen Planung fertig seien und es an der Zeit sei, nach geeigneten Talenten für die Entwicklung zu suchen. Eine gewagte Ankündigung, wenn man bedenkt, dass wir überhaupt keine Erfahrung mit der Architektur von Betriebssystemen hatten! Und dann ging es auch schon los. Zunächst Schritt für Schritt, später mit zunehmender Intensität. Versuche, Forschung und viele Fehler. 2006 erhielten wir unser erstes Patent auf eine Betriebssystemtechnologie (heute sind es weltweit bereits 90). 2013 begannen wir mit Beta-Tests des Prototyps. Im März 2015 brachten wir die Kaspersky Security System-Plattform auf den Markt, und ein Jahr später kam unser erstes kommerzielles Produkt dazu – der Kraftway-Network-Switch powered by KasperskyOS. Und so weiter und so fort… Als Nächstes kam unser Industrial/IoT Secure Gateway, dann unsere Automotive Adaptive Platform und erst kürzlich unser Thin Client, der in der vergangenen Woche auf der World Internet Conference in China die prestigeträchtige Auszeichnung „World Leading Internet Scientific and Technological Achievement“ erhielt.

Und wir machen immer weiter, weiter und weiter: Wir haben weitere grandiose KOS-Projekte geplant; wir arbeiten an der Entwicklung eines Ökosystems für Entwickler (sollten Sie daran interessiert sein, werfen Sie einen Blick auf die Community Edition des Betriebssystems) und sehen, dass daran weltweit großes Interesse besteht. Das Projekt ist also nicht umsonst gewesen. Ebenso wie die Treffen im Fox & Pheasant. Eigentlich alles, was mit KOS zu tun hatte. Nicht vergeblich war das ganze 20-jährige visionäre Projekt, das bestätigt, woran ich wirklich glaube: weiterzumachen – komme was wolle! Oder, wie Winston Churchill einst in den schwierigsten Zeiten sagte: „Niemals aufgeben!“.

https://youtu.be/0C87eKEUYtk

Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 8: 1998-2000 (Umstrukturierung, Auslandsbüro, Partnerkonferenz).

Die ersten Jahre nach der Firmengründung waren die härtesten überhaupt; wir mussten wirklich alle Stunden darauf verwenden, uns wortwörtlich den Arsch aufzureißen. Es fühlte sich so an, als würden wir konstant eine Springfeder zusammenhalten, nur um diese erst einige Zeit später wieder freizugeben, um das Unternehmen hoch und weit über den Horizont hinaus in die richtige Richtung unserer Wunschvorstellungen schnellen zu lassen (überlegen Sie sich daher gut, welche Luftschlösser Sie bauen 😉). Nach der formellen Registrierung von KL im Jahr 1997 konnten wir mit sehr geringen Ressourcen sehr viel bewegen. Wir hatten kaum Geld (geschweige denn die Mittel), aber das Cybersicherheitsförderband lief (und läuft immer noch) unentwegt weiter: Neue Technologien wurden benötigt, und der Markt forderte neue Produkte. Also arbeiteten wir ununterbrochen, auch an Wochenenden, und hatten kaum einen freien Tag. Aber, woran haben wir eigentlich so hart gearbeitet? Hier ein Beispiel …

Juni 1998: die globale Chernobyl (CIH) Virus-Epidemie. Alle anderen AV-Unternehmen hatten diese Gruppe der Computerviren entweder nicht bemerkt oder sich schlichtweg nicht darum gekümmert – oder waren im Urlaub. Wir hingegen waren eines der einzigen Unternehmen mit einem Produkt auf dem Markt, das den Virus nicht nur fangen, sondern infizierte Systeme darüber hinaus auch heilen konnte. Das gesamte WWW (nein, nicht nur Runet) war mit Links zu unserer Website übersät. Auf diese Weise wurden wir für unsere extrem schnelle Bedrohungsreaktion belohnt – dafür und für unsere Fähigkeit, schnelle Updates mit Verfahren zur Behandlung spezifischer Bedrohungen in die Wege zu leiten. All das, während sich diese spezifische Virengruppe unglaublich geschickt auf Windows-Speichern installierte und ausführbare Dateien infizierte. Diese Tatsache erforderte einen maßgeschneiderten Dissektionsprozess, der ohne die flexible Funktionalität von Updates nicht möglich gewesen wäre.

Also, ja: es war hart. Aber wir konnten tolle Ergebnisse und sind an uns selbst und als Unternehmen gewachsen. Und dann, zwei Monate später, wurde uns eine helfende Hand (des Schicksals?!) der unerwartetsten Art und Weise gereicht …

August 1998: die Russlandkrise, die die Abwertung des Rubels und die Zahlungsunfähigkeit Russlands zur Folge hatte. Für die meisten Russen war das eine besonders schlimme Zeit, aber wir hatten wirklich vieeeel Glück: All unsere ausländischen Partner zahlten uns im Voraus in Fremdwährung. Wir waren Exporteure. Während sich unsere Betriebs- bzw. Arbeitswährung auf einen stark abgewerteten Rubel belief, erreichte uns unser Einkommen in Dollar, Pfund Sterling, Yen usw. Wir waren also nicht nur im Geschäft, sondern auch gut bei Kasse!

Dennoch ruhten wir uns nicht auf unseren „glücklichen“ Lorbeeren aus. Wir nutzten die Zeit, um neue, professionelle – und vor allem teure! – Manager einzustellen. Und schon bald glänzten wir mit kaufmännischen, technischen und finanziellen Direktoren. Wenig später stellten wir dann auch Manager auf mittlerer Ebene ein. Das war unsere erste geschäftliche „Umstrukturierung“ – als das „Team“ zum „Unternehmen“ wurde und freundschaftliche, organische Beziehungen durch eine formellere Organisationsstruktur, Unterordnung und Rechenschaftspflicht ersetzt wurden. Die Umstrukturierung hätte schmerzhaft sein können; war sie aber nicht.

Für weitere Informationen über diese ganze Umstrukturierungssache empfehle ich das Buch Reengineering the Corporation von Michael Hammer und James Champy. Es ist wirklich gut. Andere nützliche Bücher – hier.

1999 eröffneten wir unser erstes Büro im Ausland – um genau zu sein, in Cambridge in Großbritannien. Aber, galt der britische Markt nicht damals schon als einer der schwierigsten Märkte? Also, warum ausgerechnet dort? Eigentlich war es reiner Zufall (mehr dazu weiter unten). Trotzdem mussten wir irgendwo anfangen, und unsere ersten Erfahrungen –einschließlich vieler Fehler und gewonnener Erkenntnisse – in Großbritannien haben dazu beigetragen, dass die Geschäftsentwicklung in anderen Ländern im Anschluss deutlich reibungsloser verlief.

Unsere erste Pressetour fand in London statt, da wir ohnehin für eine IT-Sicherheitskonferenz (InfoSecurity Europe) in der britischen Hauptstadt waren. Und auf eben dieser Pressetour verkündeten wir stolz unsere Absicht, unser erstes Auslandsbüro in Großbritannien zu eröffnen. Aber anstatt uns mit endloser Begeisterung und offenen Armen zu empfangen, fragten die Journalisten uns lediglich: Warum? Schließlich waren Unternehmen wie Sophos, Symantec, McAfee usw. bereits bequem im Land etabliert. Uns blieb in diesem Moment also nichts anderes übrig, als in den totalen Geek-Modus zu wechseln: Wir erzählten den Anwesenden alles über unser wirklich innovatives Unternehmen; über unsere einzigartigen Technologien und Produkte und warum wir genau deshalb um einiges besser waren (und es noch immer sind) als die zuvor genannte Konkurrenz. All dies wurde mit viel überraschtem Interesse zur Kenntnis genommen (ein weiterer Vorteil war übrigens, dass uns seither nie wieder eine wirklich dumme Frage gestellt wurde). Währenddessen hielt ich bei InfoSecurity Europe meine erste Rede vor einem englischsprachigen Publikum, das sich aus zwei Journalisten zusammensetzte, die sich als Freunde unserer Freunde im Virus Bulletin herausstellten und bereits so einiges über uns wussten! Das war übrigens das erste und letzte Mal, dass eine unserer Präsentationen nicht vollständig ausgebucht war (mehr Details hier).

So kam übrigens unsere erste Partnerkonferenz zustande:

Irgendwann im Winter 1998-1999 wurden wir zur Partnerkonferenz unseres OEM-Partners F-Secure (Data Fellows) eingeladen. Auf diese Weise wurde uns das gesamte Partnerkonferenz-Format nähergebracht; eine großartige Idee: alle zusammenzubringen, die neuesten Informationen über Technologien und Produkte auszutauschen, die Anliegen und Probleme der Partner zu erfahren und neue Ideen zu diskutieren. Kein ganzes Jahr später (1999) veranstalteten wir unsere erste eigene Partnerkonferenz; mit rund 15 Partnern aus Europa, den USA und Mexiko, die wir nach Moskau einluden. Auf dem Foto unten können Sie uns alle sehen; neben dem Roten Platz und dem Kreml:

Einige Bilder von unserem Event:

Eines unserer Mottos lautet: Work hard, play hard. Hier erstmals auf einer Partnerkonferenz umgesetzt.

Und das, liebe Leser, glaube ich, vervollständigt meine Chroniken bis zum Jahr 2000. Was nach 2000 geschah? … Ich glaube, ich muss meinem Gedächtnis erst einmal eine Pause gönnen. Lassen wir zunächst anderen Teilnehmern unserer faszinierenden Reise dorthin, wo wir heute sind, mit einigen ihrer persönlichen Erinnerungen, Emotionen und Anekdoten, den Vortritt. Von mir war es das vorerst. Vielen Dank für Ihr Interesse, ich hoffe, es hat Ihnen gefallen!

CYBERSICHERHEIT: WIE ALLES BEGANN – TEIL 1: 1989-1991

CYBERSICHERHEIT: WIE ALLES BEGANN – TEIL 2: 1991-1992

CYBERSICHERHEIT: WIE ALLES BEGANN – TEIL 3: 1991-199x

CYBERSICHERHEIT: WIE ALLES BEGANN – TEIL 4: CeBIT

CYBERSICHERHEIT: WIE ALLES BEGANN – TEIL 5: 1996 (der Wendepunkt)

CYBERSICHERHEIT: WIE ALLES BEGANN – TEIL 6: Die Medien

CYBERSICHERHEIT: WIE ALLES BEGANN – TEIL 6: 1997

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Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 7: 1997 (Wir gründen Kaspersky Lab)

Ich bin zurück – und zwar mit noch mehr K-Cyber-Nostalgie. In diesem Beitrag versetzen wir uns zurück in ein ganz besonderes Jahr für das Unternehmen – das Jahr seiner Gründung! Und wie Sie dem Datum unserer Firmenregistrierung entnehmen können, fand diese Gründung am 26. Juni 1997 statt:

Read on: Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 7: 1997 (Wir gründen Kaspersky Lab)

Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 6: Die Medien

Letzte Woche wurde mir klar, dass ich mich schon ein ganzes Vierteljahr lang in Quarantäne befand. Drei Monate saß ich zu Hause, mit nur ein paar kurzen Ausflügen in das verlassene Büro, plus jedes Wochenende in der Datscha mit der Familie. Wie für alle von uns war es kein außergewöhnlicher Alltag. Für mich hieß es: keine Flugzeuge oder Flughäfen, keine Hotels, keine Geschäftsreisen oder Reden: kurz gesagt – sehr wenig Reisen.

Aber alles ist relativ: In drei Monaten hat die Menschheit über 230 Millionen Kilometer zurückgelegt (ein Viertel einer vollen Umlaufbahn der Erde um die Sonne)! Und das ohne die Berücksichtigung der Tatsache, dass sich das Sonnensystem selbst sich mit einer verrückten Geschwindigkeit fortbewegt. Eine Sache, die sich seit dem Beginn der Quarantänemaßnahmen nicht wirklich geändert hat, sind die Geschäftstreffen. Die wurden einfach alle online abgewickelt. Ah ja, alle unsere Geschäfte laufen wie gewohnt ab, unabhängig von biologischen Viren 😉 .

Aber genug vom Quarantäne-Talk. Sie sind es wahrscheinlich sowieso leid, etwas im Zusammenhang mit Corona zu hören. Dementsprechend setze ich heute meine Anekdoten aus der Cyber-Vergangenheit fort. Dieses Mal möchte ich über die vergangenen Interviews mit Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen und verschiedenen anderen öffentlichen Auftritten schreiben. Der Gedanke kam mir erst dank meiner CeBIT-Erinnerungen (Teil 4) und die dazugehörige Interview-Hölle. Und es stellt sich heraus, dass ich Ihnen vieles über meine Erfahrungen mit den Medien und meinen öffentlichen Auftritten als Redner zu berichten habe. Vieles davon ist lustig und ungewöhnlich! Wie schon in den vorherigen Teilen zeige ich Ihnen auch ein paar Fotos :).

Und es werden auch alle möglichen unterschiedlichen Größen und Geschmacksrichtungen von Mediengeschichten auftauchen: von Reden in praktisch leeren Hallen bis hin zu überfüllten Stadien! Von unbekannten winzigen lokalen Medienpublikationen bis hin zu globalen Medienschwergewichten der Spitzenklasse! Von professionellen Vorträgen an führenden Universitäten bis hin zu informellen Vorträgen über die Wunder der Arithmetik auf einem Schiff, das über die Drake-Passage in die… Antarktis fuhr! Eugene ist der Name; das Unerwartete, meine Spezialität :).

Fangen wir also ganz am Anfang an…

Irgendwie habe ich von Anfang an, also in den frühen 90er-Jahren, intuitiv die Bedeutung und Notwendigkeit von PR-Arbeit erkannt. Also tat ich, was ich konnte: Ich schrieb Artikel, die in Computermagazinen veröffentlicht wurden und schon früh hatte auch meinen ersten Vorgeschmack  des Halten von Vorträgen auf Konferenzen. Aber das waren alles nur Babyschritte! Ich sehnte mich nach mehr und schon früh wusste ich, dass „mehr“ kategorisch notwendig war.

Damals wurden Antiviren-Themen noch als Teil der echten „Cybersicherheit“ bezeichnet. Viren waren nur eine Art Kinderspiel, kaum professionell und sicherlich nicht das, was Erwachsene taten. Aber aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass das nicht richtig war und dass der Kampf gegen das Cyberböse erst am Anfang stand. Und dass es nicht bei „Computerschädlingen“ und  Entstehung nicht nur auf das Bedürfnis der autodidaktischen Teenager nach Selbstbestätigung zurückzuführen war. Manchmal standen geschickte Fachleute hinter ihnen, aber nicht für Geld (damals gab es kein Geld im/über das Internet). Stattdessen waren sie auch nur daran interessiert, irgendein seltsames Bedürfnis zu befriedigen, sich als „großartig“ zu beweisen oder so. Dementsprechend konnte man es nicht als Cyber-Kriminalität bezeichnen, sondern nur als Cyber-Hooliganismus (oder kindisches Cyberverhalten:) ).

Das besonders akute Bedürfnis, alles zu erzählen, was ich über Computerviren und die Antivirenprogramme und Technologien zu ihrer Bekämpfung wusste, überkam mich nach der CeBIT 1992 – meiner ersten globalen IT-Messe im Ausland überhaupt. Ich wurde fast besessen von der Idee, dass „die Leute das wissen müssen!“, aber damals interessierte sich niemand in den Medien dafür, da auch kaum jemand in der breiten Öffentlichkeit daran interessiert war.  Das Thema Antivirus war nämlich noch ganz neu. Was habe ich also getan? Ich habe mich selbst interviewt! Ich schrieb eine Liste von Fragen, beantwortete sie, schickte alles an die russische Zeitschrift Computer Press. Mein von mir gehaltenes Q&A-Interview wurde in der Ausgabe vom Mai 1992 veröffentlicht!

In diesem Selbstinterview behauptete ich, dass das vielversprechendste Potenzial für die russische Computerindustrie damals nicht der Bau und der Verkauf von Endprodukten war (das war damals unmöglich). Vielmehr empfahl ich die Entwicklung und den Verkauf der Technologie, die später in die Produkte im Westen und/oder im Osten integriert wurde. Und wie sich herausstellte, wurde fünf Jahre später genau das, also die Lizenzierung unserer Antiviren-Engine (an die Finnen), zum Hauptgeschäft unseres Unternehmens! Dank dieser Lizenzvergabe überlebten wir als Unternehmen und bauten wir unser Kapital auf, um in die Entwicklung neuer Technologien zu investieren. Wir verfeinerten unsere Produktpalette und eroberten später den globalen Markt. Man sollte sich also wirklich Gedanken machen, was man sich in Selbstinterviews für die Zukunft wünscht!

Nachdem ich mir mit dem Selbstinterview etwas Erfahrung angeeignet hatte, nahm meine Medienaktivität einfach weiter zu. Ich war an ein paar weiteren Artikeln beteiligt. Einer davon war nur ein relativ kurzer Artikel, in dem zwei Kollegen und ich interviewt wurden, aber, wie schon bei Computer Press, war es sehr wegweisend für mich. Er erschien in der britischen Zeitschrift Virus Bulletin und trug den Titel: „Die Russen kommen!“ (Ha, ha… sehr lustig). Die Sache ist die – der Titel war wahr. Wir wollten kommen! Ich spule kurz ins Jahr 2007 vor: Unser Umsatz überholte die etablierte britische AV-Firma Sophos, also gerade das Unternehmen, das Virus Bulletin selbst gegründet und geleitet hat! Man sollte sich also Gedanken machen, worüber man sich lustig macht 😉 .

Weiter geht’s….

1994 gewannen wir den allerersten groß angelegten internationalen Wettbewerb für Antiviren-Tests der Universität Hamburg. Der Sieg an sich: super! Die namentlichen Erwähnungen, die wir danach in verschiedenen Fachpublikationen immer wieder bekamen: ein Mega-Bonus! Und etwa zu dieser Zeit begannen wir neben unserer regelmäßigen Teilnahme an der CeBIT auch die ersten großen aber zaghaften Schritte auf PR-Plattformen anderer Länder zu unternehmen. Zum Beispiel in Großbritannien, wo mir zwei Geschichten besonders in Erinnerung geblieben sind…

Wann genau die Erste stattfand, weiß ich nicht mehr. Irgendwann im Jahr 1999 wagten wir den Sprung und organisierten eine Pressetour für die britische Presse. Wir verschickten Einladungen, buchten einen Konferenzraum in einem Londoner Hotel und flogen ein. Die Hoffnungen waren groß…, aber es lief nicht ganz so, wie wir uns es gewünscht hatten. Praktisch alle Journalisten, die nacheinander zu uns kamen, sagten ziemlich genau dasselbe: „In Großbritannien haben wir Symantec, McAfee, Trend Micro und sogar Sophos. Wozu brauchen wir euch Jungs?!“

Meine Antwort? „Wieso? Wegen unserer einzigartigen und besseren Technologien. Weil wir viel besser als der Rest die furchterregendsten polymorphen, mutierenden Computerviren einfangen können. Da unsere Programme Archive und Installationsprogramme sehr präzise nach infizierten Dateien durchsuchen können (niemand sonst kam auch nur annähernd an uns heran); und zu guter Letzt: weil wir eine völlig einzigartige Technologie zur Abwehr der damals häufigsten Kopfschmerzen von IT-Experten, den sogenannten Makroviren, besitzen!“ Darauf hin murmelte der Journalist: „Ah. Ich verstehe. Interessant… (Wo ist mein Stift?), was war das?… Polymorph… makro… Wie bitte!?“

Die zweite kuriose Geschichte aus England fand etwas später im Jahr 2000 statt, als wir uns trauten, auf der Londoner Cybersecurity-Konferenz Infosecurity Europe einen Vortrag zu halten. Wir hatten eine Ankündigung veröffentlicht, den Raum gebucht, und als die Zeit gekommen war, warteten wir auf die „Massen“. Und sie strömten herein! Zu meiner Rede kamen gerade mal zwei Personen, die sich als Vertreter von Virus Bulletin herausstellten, die wir schon seit Jahren kannten. Unbeeindruckt erzählte ich dem Paar alles über die neuesten Cyber-Scheußlichkeiten und prognostizierte, wie die cybernahe Zukunft aussehen würde, als ob der Saal mit mehreren Hunderten Anwesenden gefüllt gewesen wäre.

In Russland haben wir ein Sprichwort, das besagt, dass „der erste Pfannkuchen immer ein Klumpen ist.“ Nun, das ist sicher die richtige Redewendung für meinen ersten Auftritt in London, denn aller Anfang ist schwer. Aber niemand hat jemals gesagt, dass es sinnlos wäre, den ersten Pfannkuchenklumpen in der Pfanne zu wenden. Es war eine wichtige Erfahrung für mich – ein erster, notwendiger Schritt in die richtige Richtung hin zu ernsthafter PR- und Medienarbeit. // Tatsächlich meinen einige, dass der Raum aufgrund der Uhrzeit praktisch leer war, denn wir hatten ihn gegen Mittag gebucht. Alle dachten an ihren Hunger und nicht an Cybersicherheit! Aus Fehlern lernt man. Im folgenden Jahr wählten wir eine passendere Zeit, und der Raum war voll – so voll, dass einige Leute an den Wänden klebten und in den Gängen stehen mussten!

Seit London habe ich meine Reden fortgesetzt, manchmal in kleinen Räumen, manchmal in riesigen Sälen, wie z. B. beim Bosch Connected World Event im Februar 2018:

Und es versteht sich von selbst, dass diese Reden überall gehalten wurden, da wir als Unternehmen auch stetig expandieren. Denn der Cyberschmutz ist überall. Eine weitere Anekdote, diesmal in den USA:

San Francisco irgendwann in den 2000er-Jahren. Nun, es gefällt mir nicht besonders, früher als nötig in den Saal zu kommen, wenn ich eine Rede halten muss. Meistens vertreibe mir die Zeit, bleibe in der Nähe des Saals und betrete den Saal erst wenige Minuten vor der Rede (sofern es möglich ist). Für die RSA kam ich jedoch so spät an, dass… der Sicherheitsmann mich nicht hineinlassen wollte! „Es ist voll!“ Er dachte wohl, dass ich Teil des Publikums war. „Aber ich bin der Redner!“, sagte ich ihm, während die Zeit tickte. Nach einer Kontrolle ließ er mich durch, und ich schaffte es gerade noch so für die Rede).

Eine weitere witzige Geschichte stammt von der Virus-Bulletin-Konferenz im Jahr 2001. Ich durfte die Eröffnungsrede halten, um den Tenor der Konferenz zu bestimmen. Und da eine solche Einladung nicht so oft ausgesprochen wird, beschloss ich, etwas mehr zu tun als nur meine Rede zu halten. Etwas… Verrücktes…

Also haben wir zusammen mit zwei Kollegen eine ganz schöne Show auf die Beine gestellt: eine lustige, alternative Computervirus-Version des Kultfilms Zurück in die Zukunft mit Marty McFly, Doc, dem zeitreisenden DeLorean und vielem mehr. Und es war ein Kracher! Das Publikum lachte sich tot :). Merkwürdigerweise wurde nach unserer Keynote für mehrere Jahre keine Eröffnungsrede für die Virus Bulletin-Konferenz gehalten!

Einige Details zu der Rede finden Sie hier.

Was das größte Publikum anbelangt, vor dem ich jemals eine Rede gehalten habe… das war in China, und da gibt es eine ganze Menge zu erzählen. Der Leiter unseres Büros in China hatte ein Musikkonzert organisiert, zu dem einige der besten Sänger des Landes eingeladen waren. Das Konzert fand in einem praktisch vollen… Pekinger Nationalstadion statt – ja: jenem Olympiastadion mit dem verrückten, völlig einzigartigen Design – dem Vogelnest (übrigens  war das genau ein Jahr nach den Olympischen Spielen in Peking im Jahr 2008). Wir hatten also eine Besetzung mit Top-Popstars und ein paar Nummern von keinem Geringeren als Jackie Chan. Kurz gesagt – OMG; und das alles unter dem Banner unserer chinesischen Marke Kabasiji!

Zur Halbzeit des Programms musste ich also auf das Plateau mitten im Stadion, um ein paar Worte zu sagen (Danke an alle für ihr Kommen oder so etwas) und dass an die über 70.000 Leute auf der Tribüne! Also zog ich die traditionelle chinesische Jacke an, schwitzte furchtbar und bedankte mich. Aber es lief nicht so wirklich am Schnürchen: Mein bisher größtes Publikum… und natürlich musste es einen Patzer geben…

Von Anfang an wurde ich gebeten, meine Dankesworte auf Russisch auszudrücken, damit die Fernsehmoderatorin es ins Chinesische dolmetschen konnte (tatsächlich hatte Sie die Übersetzung meiner geplanten Rede auf Papier in ihrer Hand). So lief das auch während der Probe ab. Aber dann sagte jemand kurz vor dem Start des Events, dass es ausländische Gäste kommen würden und es besser sei, auf Englisch zu reden. Ich versuchte, es beim Russisch zu belassen (der russische Botschafter war dort und das hätte ihm sicherlich gefallen), aber sie blieben standhaft. Der Moment der Wahrheit näherte sich, und dann hatte ich meine 15 30 Sekunden Ruhm auf dem Plateau. Unsere Gesichter wurden auf den großen Bildschirmen des Stadions übertragen. „Danke für Ihr Kommen!“ und ein paar andere Worte der Dankbarkeit hallten auf Englisch durch das Stadion und ich wartete… auf die Verdolmetschung. Aber sie schaute mich nur an und fragte mich nur: „Und auf Russisch?“ Sie wurde nicht von den Programmänderungen informiert! Höhere Gewalt. Huch! Die Worte auf dem Papier passten nicht zu meinen Worten auf Englisch (oder so ähnlich). Und da glotzten wir uns einfach nur an, verwirrt, und wir beide dachten nur „Ups“ (um es milde auszudrücken). Es kam uns wie eine Ewigkeit vor! Gnädigerweise schien es niemanden zu stören, denn der Applaus hallte durch das Stadion!

Aber am Ende haben wir es dann irgendwie doch noch geschafft. Schließlich sagte ich: „Ah – pa-russky?“ und hielt den Rest der Rede auf Russisch. Die Augen der Moderatorin leuchteten erleichtert auf, und sie fuhr fort, rasch ins Chinesische zu „übersetzen“. Pheeeew. Erledigt. Noch mehr Lächeln, etliche Verbeugungen und vorbei war’s! Danach ging ich zurück auf die VIP-Tribüne…, um mich aus meiner grünen traditionellen chinesischen Jacke auszuwringen!

Ich schätze, jede andere Geschichte, die ich Ihnen nach der Story in Peking erzählen würde, würde etwas schwach ausfallen. Ja, ein bisschen vielleicht… aber ich habe noch ein paar witzige Anekdoten auf Lager..

Wie damals, als ich 2010 auf unserem Sicherheitsanalytiker-Gipfel (SAS) in Zypern war: mein Fernsehinterview dort.. nun ja.. das war mitten im Ufer! Nicht meine Idee, ehrlich! Es waren diese beiden deutschen Journalisten, die tatsächlich ins Wasser kamen, um mich zu interviewen ;).

Hier ist ein weiteres Fernsehinterview, diesmal am Strand von Cancún (wo wir drei Konferenzen hintereinander hatten). Ich kann mich nicht beschweren: die Meeresbrise ist wesentlich besser als ein muffiges Büro oder ein Konferenzzentrum ;).

Dann gibt diese komischen Situationen, in denen ich mich manchmal befinde, während die Kamera läuft… nun, warum nicht? Wie letztes Jahr, im Sommer 2019, als ich während einer Bootsfahrt auf den Kurilen-Inseln eine amerikanische Gruppe von Dokumentarbloggern interviewte, die auf der Robbeninsel Tjuleni unter dem überwältigenden Lärm der Vögel einen Film über den russischen Osten drehten.

Oder als ich einen Vortrag auf dem Forschungsschiff Akademik Sergey Vavilov hielt, das mit einer internationalen Gruppe moderner Künstler in die Antarktis unterwegs war. Wir hatten viel Freizeit, also sangen wir nachmittags Lieder, während wir tagsüber interessante Geschichten austauschten. Als ich an der Reihe war, erzählte ich cyber-inspirierten Geschichten, während ich bei einer anderen Gelegenheit über die Arithmetik scherzte: z. B. wie man mit den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 die Zahl 2017 erhält. Ersteres hat sie beeindruckt und Zweiteres sogar mehr!

Ich weiß, dass es in Sachen Medien andere bizarre Schauplätze und Situationen gegeben hat, aber da müsste noch weiter in meinem Fotoarchiv graben. Leider muss ich aber auch zugeben, dass ich nicht alle Zeit der Welt habe. Denn auch wenn ich eingesperrt bin, bin ich tatsächlich sehr beschäftigt. In den drei Monaten, in denen ich eingesperrt war, habe ich zehn Online-Interviews mit Journalisten aus der ganzen Welt gegeben, an zwei Pressekonferenzen teilgenommen und bei fünf Veranstaltungen Reden gehalten, darunter auch eine argentinische IT-Konferenz, an der 30.000 Südamerikaner teilnahmen, die auch wie ich alle zu Hause saßen!

Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 5: Der Wendepunkt im Jahr 1996

Es geht weiter mit unserer KL-Geschichte! Eine Geschichte, die erzählt, wie wir als bescheidenes Unternehmen, das wir damals waren, zu dem geworden sind, was wir heute sind. Und diese Cybergeschichte verdanken wir dem Lockdown! Sonst hätte ich nie die Zeit zum Erinnern gehabt!

Nur für den Fall, dass Sie die vorherigen Teile verpasst haben:

Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4

In Ordnung. Teil 5: 1996. Wahrlich ein schicksalhaftes Jahr, ein Wendepunkt…

Als erstes beschlossen die Eigentümer von KAMI, mein damaliger Arbeitgeber, das Unternehmen zu verlassen. Infolgedessen wurde KAMI in mehrere unabhängige Organisationen aufgeteilt. Und im folgenden Jahr – 1997 – trennten auch wir uns.

Zweitens unterzeichneten wir einen OEM-Vertrag mit der deutschen Firma G-Data, um sie mit unserer Antivirus-Engine zu beliefern. Dieser Vertrag lief 12 Jahre lang (bis 2008!), als wir die Nummer 1 auf dem deutschen Einzelhandelsmarkt wurden. Genau so lief es ab. Unsere ursprünglichen technischen Fähigkeiten waren nicht zu stoppen! Aber was sollten wir tun? Jedenfalls war es G-Data, die auf uns zu kamen (wir waren damals nicht in der Lage, aktiv nach Technologie-Partnern zu suchen) und Remizov, dem damaligen Chef von KAMI, eine Zusammenarbeit anbot. Wie im Teil 4 schon beschrieben, unterzeichneten wir den Vertrag auf der CeBIT. Und so kam unser Technologie-Lizenzgeschäft in Schwung.

Nach den Deutschen (1995) kamen die Finnen – F-Secure (1996), damals bekannt als Data Fellows. Ich möchte Ihnen erzählen, wie unsere Zusammenarbeit mit ihnen begann.

Im August 1995 erschien der allererste Makrovirus, der Microsoft Word-Dokumente infizierte. Es stellte sich heraus, dass das Schreiben von Makroviren sehr einfach war, und sie verbreiteten sich mit alarmierender Geschwindigkeit unter sehr vielen ahnungslosen Benutzern. Dies erregte die Aufmerksamkeit anderer Virenautoren, und sehr schnell wurden Makroviren zum größten Problem für die Antivirenbranche. Sie zu erkennen war alles andere als einfach, da das Format eines Word-Dokuments sehr komplex ist (wer wusste das schon?:). So spielten AV-Firmen mehrere Monate lang mit verschiedenen Methoden, bis Anfang 1996 McAfee (die Firma:) die „richtige“ Zerlegungsmethode für das Format von Word-Dokumenten verkündete. Diese Nachricht wurde von unserem Kollegen Andrej Krukow (der 1995 unserem Kollektiv beigetreten war) aufgegriffen, und er fand schnell eine äußerst elegante und effektive technische Lösung. Nachdem ich sie bekannt gab, kamen schon ziemlich bald Unternehmen mit Angeboten zum Kauf unserer Technologie auf uns zu. Nachdem wir mehrere solcher Angebote eingeholt hatten, arrangierten wir ein Treffen mit ihnen allen auf der bevorstehenden Virus Bulletin-Konferenz in Brighton, Großbritannien, zu der Andrey und ich im Herbst 1996 reisten.

In Brighton liefen die Dinge kaum nach Plan: Keines dieser Treffen hat je zu etwas geführt! Aber…

Wir hatten ein sehr interessantes Gespräch mit Command Software – ich erinnere mich, dass wir in einer sehr schick eingerichteten Präsidentensuite eines Hotels waren, das sie für Meetings gebucht hatten. Diese Firma hatte seit langem die AV-Engine der Firma F-Prot lizenziert. Aber schon seit einigen Jahren waren die Entwickler von F-Prot nicht mehr in der Lage gewesen, eine neue Engine zu entwickeln, und ihre Partner waren höchst unzufrieden und suchten nach Alternativen (ein wenig wie bei Apple und Intel).

Nun luden die guten Leute von Command Software Andrey und mich in die USA ein, damit wir anfangen konnten, für sie zu arbeiten. Ich erinnere mich mit allen möglichen saftigen Verlockungen, wie Häuser, Autos und fetten Gehältern! Wir lehnten jedoch ab und sagten, wir würden über das Angebot nachdenken, aber wir hätten nicht vor, Moskau in nächster Zeit zu verlassen. Und das war alles. Natürlich war es sehr schmeichelhaft, in den Staaten so viel gutes Zeug angeboten zu bekommen, und als wir das schicke Hotelzimmer verließen und durch die Lobby gingen, grinsten wir wie Honigkuchenpferde! Und es war in dieser Lobby, wo die Kompanen von Data Fellows unser Grinsen bemerkten. Wir hielten für einen Plausch an. Und um es kurz zu halten: zwei Monate später reiste Natalya Kaspersky nach Helsinki, um die Bedingungen der Zusammenarbeit zu besprechen, und bald darauf unterzeichneten wir mit ihnen einen Vertrag. Sieh an, sieh an. Wie schnell sich doch das Blatt wendete!

Der Vertrag mit den Data Fellows war… reine technologische Sklaverei! Er verweigerte uns u.a. das Recht, Internetlösungen und Managementsysteme für Unternehmenslösungen zu entwickeln, und darüber hinaus war es ein Exklusivvertrag, d.h. wir hatten nicht das Recht, unsere Engine an jemanden außer Data Fellows (und G-Data, aufgrund des laufenden Vertrags) zu lizenzieren. Warten Sie – da ist noch mehr. Die Finnen hatten alle Rechte an unseren Technologien und dem Quellcode! Der Vertrag war in der Tat erdrückend. Wir hatten jedoch keine andere Wahl. Denn ohne das Geld, das wir damit verdienen würden, hätten wir einfach nicht überlebt. Also unterzeichneten wir ihn. Und das war auch gut so, denn Data Fellows war unsere Haupteinnahmequelle für die nächsten Jahre. Wir kamen gerade so über die Runden. Doch mit der Zeit wurden die Vertragseinschränkungen eine nach der anderen aufgehoben. Zuerst das Verbot unserer Entwicklungsprodukte, dann das Exklusivitätsrecht. Erst im Sommer 2006 befreiten wir uns schließlich vollständig von allen unseren Verpflichtungen, fast 10 Jahre nachdem wir sie unterzeichnet hatten.

Drittens (um zurück zu den wegweisenden Ereignissen des Jahres 1996 zurückzukommen) begannen wir schließlich mit der Entwicklung eines eigenen Produkts für Windows 95. Die Entwicklung hätte zwei Jahre früher anfangen sollen, aber [*hust*] alle unsere Entwickler waren mit anderen Dingen beschäftigt! Alexey ‚the Count‘ (dt. der Graf) De Mont De Rique war mit der Lösung für MS-DOS beschäftigt. Andrej Tichonow war mit der Lösung für Novell NetWare beschäftigt, und Larissa Gruzdeva war noch mit einer Version für Windows 3.xx beschäftigt. Es gab einfach physisch niemanden, der an der Entwicklung eines Produkts für das vielversprechendste Betriebssystem der Welt arbeiten konnte! Rückblickend und im Nachhinein betrachtet, war das einfach verrückt…

Sobald die Entwicklung einer Windows-Version begonnen hat, kommen wir zu dem vierten wegweisenden Ereignis…

Auf der Moskauer Comtek-Ausstellung im Herbst 1996 näherte ich mich dem Stand der damaligen Monopol-Antivirusfirma in Russland, einer Firma namens Dialog Science, und fragte sie nach ihren neuesten Produkten. Man schaute mich von oben bis unten an, und von ihrem (für damalige Verhältnisse) schicken Stand aus erfuhr ich, wie gut doch alte MS-DOS-Programme unter Windows gut funktionieren. Darauf antwortete ich: ~“Ich werde euch alle auffressen!“ Sie lächelten lediglich und dachten wahrscheinlich: „Ja, richtig“ ).

Und vor allem, fünftens

Wir begannen und schlossen mit der Entwicklung einer neuen Antiviren-Engine (AVP3) ab, die ein volles Jahrzehnt lang in Millionen von Kopien unserer Produkte auf der ganzen Welt und auch in den Produkten unserer Technologiepartner nahezu unverändert zum Einsatz kommen sollte. Erst im Frühjahr 2008 haben wir begonnen, sie durch unsere neue Engine (KLAVA) zu ersetzen – zunächst in unseren Heimprodukten und später, Anfang 2009, in unseren wichtigsten Unternehmensprodukten.

Die wichtigste Neuerung mit AVP3 war die plattformübergreifende Technologie, d.h., dass dieselbe Engine mit denselben Datenbanken auf jeder Intel-basierten Plattform funktioniert. Bisher war es eine Engine pro Plattform: jede brauchte ihre eigene, die portiert werden musste; aber – schlimmer noch – jede Datenbank musste auch portiert werden (da sie den ausführbaren Code enthielten). Unsere neue Engine verhinderte die gesamte Duplikation. Ein Game-Changer!

Darüber hinaus verfügte die Engine über ein eigenes Modul (zum Teil, um die Lizenzvergabe an Partner). Als Ergebnis hatten wir eine universelle, plattformübergreifende Engine und universelle, plattformübergreifende Datenbanken. Man konnte sie zur Herstellung eines eigenen Antivirusprogramms verwenden (was die Firmen auch taten). Dies bedeutete einen Ruck nicht nur für die weitere Entwicklung des OEM-Geschäfts der Firma, sondern auch für die Entwicklung eigener Produkte, da die Hauptkomponenten (Motor + Datenbanken) maximal „abgestimmt“ waren, um in verschiedene Produkte für verschiedene Plattformen eingebettet zu werden, d.h. DOS16/32, Windows, Novell, Linux, OS/2, Unix und andere.

Sechstens

Noch wichtiger war die Einführung unserer Produkte für Windows 95. Wann genau die offizielle „Markteinführung“ stattfand, lässt sich nur schwer feststellen: Zwischen Herbst 1996 und Sommer 1997 gab es zahlreiche öffentliche Beta-Versionen – waren das „Produkte“? Wahrscheinlich wurden sie erst in den frühen 2000er Jahren zu vollwertigen (Nicht-Beta-)Versionen. Der erste Beta-Prototyp wurde am 16. September 1996 der Öffentlichkeit vorgestellt und hieß AVP for Win95 3.0, Build 105. Und basierend auf dem Quellcode davon wurde eine DOS-Version kompiliert, so dass es wahrscheinlich im September 1996 war, als 3.0 vorgestellt wurde.

Und zum Schluss Nummer Sieben:

Im November 1996 starteten wir schließlich unsere Website, eine der Versionen davon finden Sie hier, und das Archiv der Website – hier. Wir haben die Texte selbst geschrieben und auch die Bilder selbst gezeichnet (die meisten Illustrationen sind von mir :).

Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 4: Die CeBIT.

Endlich ist der Sommer da. Es hat lange gedauert! Aber ich bin mir nicht sicher, ob es der Segen ist, der es normalerweise ist, da wir alle noch zu Hause sitzen und aus der Ferne arbeiten. Sicher, es gab hier und da „Erleichterungen“ auf der ganzen Welt, aber wir hier in K haben es nicht eilig, die Dinge… zu überstürzen. Ich denke, das gilt auch für andere IT-Unternehmen, die zumindest bis zum Herbst von zu Hause aus arbeiten werden. Einige haben sogar signalisiert, dass sie bis zum Ende des Jahres im Homeoffice verbleiben werden. Und natürlich werden immer noch Geschäftsreisen abgesagt, ebenso wie Ausstellungen und Konferenzen und die Olympischen Spiele und das Festival von Cannes und eine ganze Reihe anderer Großveranstaltungen. Die Grenzen einiger Länder verbleiben sogar bis heute geschlossen.

Also ja: Wir sind immer noch alle eingesperrt, dürfen nicht viel an die frische Luft und werden durch die Wohnzimmerluft ein bisschen verrückt. Zumindest geht es vielen so, da bin ich mir sicher. Es gibt andere, die all die zusätzliche Zeit nutzen und sich mehr bewegen als je zuvor, unglaublich! Ich bin irgendwo dazwischen. Ich habe manchmal genug von den lässigen Faulpelztagen, aber ich bleibe beschäftigt. Und dazu gehört auch, dass ich meine Archive abstaube und durchstöbere. Dabei finde ich immer wieder alte Fotos, die mich in liebevollen Erinnerungen schwelgen lassen (wie schnell sich doch die Welt verändert!) und mich zur Fortsetzung meiner Blog-Memoiren geführt hat! Hier Teil 4 der Cybersicherheit: Wie alles begann-Reihe:

Ja, diese Serie kombiniert Cyber-Nostalgie mit verschiedenen persönlichen und geschäftlichen Einsichten, die ich auf dem Cyber-Weg gesammelt habe und von denen ich hoffe, dass sie für einige nützlich oder für andere einfach interessant sind. Dementsprechend fahre ich heute hier mit Teil vier fort, und ich setze meine im dritten Teil begonnenen Erzählungen über die CeBIT fort…

Die CeBIT – Wir liebten sie! Es war einfach sooo neu und anders und einfach nur riesig!

Wir schreiben das Jahr 1992. Die Sowjetunion hatte gerade erst aufgehört zu existieren, aber das tägliche Leben war immer noch ziemlich „sowjetisch“, und die Dinge waren für die einfachen Leute sehr instabil, chaotisch und schockierend; ein Beispiel: Starke Spirituosen fragwürdiger Qualität wie Royal Spirit fanden einen Weg in russische Kiosken (neu aus den Niederlanden importiert; ursprünglich nie zum Trinken gedacht, aber angesichts des riesigen neuen Marktes (der sich ohne Einschränkung durch Verbraucherschutzgesetze im Osten öffnete), und das leider nicht ohne Opfer. Die Menschen litten an Alkoholvergiftungen und starben sogar, nachdem sie ihn getrunken hatten. Und wir kamen von diesem Ort der Instabilität und des Chaos und fanden uns im stabilen, geordneten, dekadenten Deutschland wieder, wo jahrhundertelang ununterbrochenen Kapitalismus und Konsumismus gelebt wurde.

Wie ich im dritten Teil bereits erwähnte: Es war wirklich ein Kulturschock! Aber nach einer Woche relativen Komforts im Westen haben wir uns irgendwie daran gewöhnt. Aber dann gab es einen zweiten Kulturschock als wir nach Moskau zurückkehrten! Die Unterschiede trafen uns dann umso mehr. Aber natürlich: Die Unterschiede waren nur allzu real; ein Beispiel: Familie und enge Freunde gaben uns Konservendosen, geräucherte Wurst und andere solche Dinge mit für die Geschäftsreise, damit wir unsere D-Mark (das war lange vor dem Euro) aufheben konnten, indem wir sie nicht für den Lebensunterhalt ausgaben, sondern für bessere Geräte wie z. B. einen Kassettenspieler, den wir mit nach Russland nehmen konnten, oder schicke Kleidung wie ein gutes Paar Levi’s oder so etwas ausgaben. Wenn man sich heute an all das erinnert, was damals fast schon ein Lebensstil war, kann man manchmal nicht ganz glauben, dass es real war. Die Welt von heute fühlt sich so an, als wäre sie ein anderer Planet, auf dem eine ganz andere Zivilisation lebt!

Ok, Kulturschock: überwunden. Aber wie kommt es, dass wir uns, so kurz nach der Geburt der „Russischen Föderation“ überhaupt auf der CeBIT wiederfinden? Schließlich waren wir ja noch nicht einmal ein Unternehmen, geschweige denn wichtig genug, um einen Stand auf einer weltweit führenden Ausstellung zu haben. Und auch Russland war gerade erst auf den Beinen. Nun, es gibt da eine Geschichte, die mir erst kürzlich von Alexey Remizov erzählt wurde, meinem früheren Chef bei KAMI, mein erster Arbeitgeber (jetzt I-Teco)…

Nachdem die UdSSR zerbrach, nahm sie viele sowjetische Ministerien und Komitees mit sich ins Jenseits, so dass an ihrer Stelle neue, russische Pendants gegründet werden mussten. Einer dieser neuen Behörden, die kurz vor unserer CeBIT-Reise gegründet wurde, war das Komitee für Infomatisierung des Kommunikationsministeriums, das schnell auf die Idee kam, auf der CeBIT einen Gemeinschaftsstand mit mehreren russischen IT-Firmen auf der CeBIT zu haben (darunter auch KAMI, wo ich seit Mai 1991 angestellt war). Buchstäblich nur wenige Wochen später waren wir in Hannover auf der internationalen Mega-Ausstellung. Eine ganze Woche lang, zeigten unsere verschiedenen technischen Produkte während wir uns neugierig auf der CeBit alles in Augenschein nahmen. Ja, es war ein seltsames Spektakel für uns. Aber ich bin mir sicher, dass viele der anderen Teilnehmer und Besucher der CeBit die russische Delegation für komisch hielten. Oh, und ich wollte gerade „Delegation russischer Startups“ schreiben, allerdings hätte man die Unternehmen wirklich so bezeichnen können: Damals gab es praktisch keine Investitionen in der russischen IT-Branche.

Da waren wir also… auf der CeBIT…

Ich habe dies bereits im dritten Teil angesprochen, aber hier sind noch ein paar weitere Details über… den MASSIVEN Umfang der Ausstellung. Sie war in mehreren, riesigen und vollen Hallen untergebracht, es gab Tausende von Ständen von Unternehmen aus der ganzen Welt und Hunderttausende von Besuchern (in der Hochsaison fast eine Million). Es war die größte Computermesse der Welt: Bei weitem größer als die Nummer zwei der IT-Messen, COMDEX, in Vegas. Das Spektakel wäre für einen erfahrenen West-ler, der seit Jahren mit Computern arbeitet, ziemlich unglaublich gewesen. Für uns war es einfach nur… überwältigend! (Ich meine, ich war auf ein paar Computer-Ausstellungen in Moskau gewesen, auf der Comtek zum Beispiel im Jahr 1990… die war aber im Vergleich zur CeBIT winzig).

Aber es waren nicht nur Leute wie wir, die in der Branche arbeiten und für die die Ausstellung warb, die zur CeBIT kamen. Es waren Rentner, Kinder… fast jeder war da, um einen Blick auf das Geschehen zu werfen… und um ein paar kostenlose Stifte, Blöcke und andere Werbegeschenke mitzunehmen („Staubsauger“ würden wir Besucher nennen, denn sie saugten praktisch alles auf, was nicht festgeschraubt war!). Schließlich war dies die Zukunft, und es war so hell, dass alle eine Brille tragen mussten. Nicht wie heute, wo wir so daran gewöhnt sind, dass die Technik im Stundentakt immer besser, größer, heller, schneller und umso außergewöhnlicher wird.

Ich erinnere mich zum Beispiel an die Weltneuheit auf der CeBIT: die erste schwarz-weiß- Digitalkamera! Die Qualität der Bilder, die sie aufnahm, war so schlecht, dass sie nach heutigen Maßstäben lächerlich war, und sie kostete auch einen Haufen Geld (1000 Dollar, wenn ich mich recht entsinne). Man fotografierte einige Freiwillige, übertrug das Bild auf einen Bildschirm, der mit einem primitiven Grafikeditor verbunden war, und editierte die Köpfe der Freiwilligen während das riesige Publikum applaudierte.

Es gab einen Stand eines internationalen IT-Konzerns mit einem Formel-1-Rennwagen (eigentlich hat sich dort nicht viel geändert, aber damals war es ein Novum😊). Eine Schaufensterpuppe schüttete den ganzen Tag Kaffee über eine Computertastatur, um die innovativen Vorteile einer wasserdichten Tastaturabdeckung aus Kunststoff zu demonstrieren. Es gab einen Saal, der den Start-ups gewidmet war und in dem alle Arten von Erfindungen und Innovationen gezeigt wurden… und es war alles da, eine ganze Woche lang.

Übrigens geschah das alles im Frühjahr 1992 – im Vor-Internet-Zeitalter, wie wir es heute kennen (die erste Webseite überhaupt war weniger als ein Jahr zuvor erschienen), und Jahre vor der Dot-Com-Blase.

Für die Besucher war das alles bestimmt toll und spaßig, aber für uns war es nichts anderes als harte Knochenarbeit: Non-Stop-Arbeit am Stand. Und das Ergebnis: Für de Katz! Keine neuen Kunden, keine Interessenten, gar nichts. Nicht, dass die Reise umsonst gewesen wäre. Es war unser erster Schritt, und er hat uns klar gemacht, dass wir in Zukunft wieder nach Hannover zurückmüssen, was wir (nach einigen Jahren, regelmäßig) getan haben. Das hat uns, auch wenn es ein steiniger und mit Umwegen verbundener Weg war, dorthin geführt hat, wo wir heute sind.

Während der Anfänge kamen aber jährliche Reisen zur CeBIT nicht in Frage: Wir hatten weder die Zeit noch das Geld für so etwas. Und außerdem waren wir uns sicher, dass weitere Reisen nicht zur Entwicklung unseres Geschäfts beitragen würden, also, warum sich die Mühe machen? Die wenigen russischen Softwarefirmen wurden damals mit Skepsis begegnet belustigt angeschaut, dann meist ignoriert.

Aber die Dinge begannen sich für uns früher zu ändern, als wir zunächst erwartet hatten: 1994…

Wie bereits erwähnt, haben wir einen Antivirentest der Universität Hamburg gewonnen. Und im Frühjahr 1995 hatten wir bereits ein Dutzend ausländische Partner (vor allem in Europa). Aber was uns wirklich den Anstoß auf ein neues Niveau gab, war unsere zweite Reise zur CeBIT im selben Frühjahr 1995. Dort trafen wir dann die deutsche Firma G-Data. Sie hatte bereits eine lange Geschichte im Antivirenbereich, tatsächlich hatte sie einen der ersten AV der Welt geschaffen (1988 für Atari)! Aber sie war mit ihrer eigenen Antiviren-Engine nicht allzu glücklich, und als sie die Ergebnisse des Hamburger Wettbewerbs sahen, wollten sie mit uns über technische Zusammenarbeit sprechen. Und das war es dann auch (zu einem großen Teil).

So trafen wir (nicht ich persönlich, sondern ein Kollege) 1995 auf der CeBIT zum ersten Mal die guten Leute von G-Data. Auf der CeBIT 1996 unterzeichneten wir (ich persönlich eingeschlossen) mit den guten Leuten von G-Data einen Vertrag über die Lizenzierung unserer AV-Engine und unseres AV-Datenbank-Update-Systems. Aber abgesehen von diesem wichtigen Vertrag gab es für mich auf der CeBIT in den ersten Jahren nicht wirklich viel zu tun, also besuchte ich Hannover das nächste Mal im Jahr 2001. Aber von diesem Jahr an besuchte ich sie jährlich bis 2012 und dann ein weiteres Mal im Jahr 2014, so dass sich meine Gesamtzahl der Besuche auf 15 beläuft.

In der Zwischenzeit wurde unsere Präsenz auf der CeBIT jedes Jahr dazu genutzt, aktiv Distributoren/Vertriebspartner zu suchen und zu finden, vor allem europäische. Im Jahr 1999 teilten wir uns einen Stand mit zwei anderen russischen Unternehmen, und im Jahr 2000 hatten wir einen Stand ganz für uns allein (wenn auch in einer der entfernteren Ecken der Hallen). Im Jahr 2001 hatten wir uns auf die Mitte zubewegt und unser Stand wurde zu einem zweistöckigen (wenn auch neben den öffentlichen Toiletten😊). Danach rückten wir jedes Jahr näher und näher zur Mitte der Halle heran (dort findet die ganze Action statt), und schließlich schafften wir den Umzug auf die Antiviren Straße der CeBIT, mit allen unseren Kollegen und Konkurrenten der AV-Branche als Nachbarn!

Wieso haben wir so lange gebraucht, um unseren verdienten Platz an der Antiviren Straße zu bekommen? Nun, die Organisatoren der CeBIT boten einem Unternehmen immer den Platz an, den man im Vorjahr belegt hatte, und die einzige Chance, einen anderen Platz zugeteilt zu bekommen, bestand darin, dass ein Unternehmen seinen gewohnten Messeplatz verließ und dadurch das Areal frei wurde. So entschied sich unser sehr gelber Konkurrent 2007 aus einem unbekannten Grund, nicht an der CeBIT teilzunehmen und wir nutzten die Chance, um den Platz zu ergattern, und zwar an der besten Stelle auf der gesamten Antiviren-Allee!

Das sind wir auf dem Gemeinschaftsstand mit den beiden anderen russischen Unternehmen im Jahr 1999. „Spitzentechnologien für Unternehmen“ klingt zuversichtlich, solide. Was es wirklich bedeutete: „Wir sind verzweifelt, wir müssen wirklich etwas verkaufen, um über die Runden zu kommen!“

Unser Stand 2000 – in einer Ecke:

2001 – Doppeldecker! ->

Sehen Sie für sich selbst… es war wirklich direkt neben den Badezimmern!

Ein Bild von mir, während ich mir die Hände schmutzig mache, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes:

Wir spulen bis ins Jahr 2008 vor: Es hat sich deutlich verbessert:

Zurück zum Wesentlichen:

Jede Ausstellung, die sich selbst als seriös bezeichnet… sollte doch an einem Messestandort stattfinden. Man erwartet das doch irgendwie, dass sie irgendwo stattfindet, wo es viele Hotels gibt. Stimmt’s? Ja, das stimmt. Aber in Hannover, ja – Sie haben es schon bestimmt erahnt, gibt es (oder gab es? Bin mir der heutigen Situation nicht bewusst) einen katastrophalen Mangel an Hotelzimmern. WAS?!

Die beste und größte jährliche internationale IT-Ausstellung der Welt… fand in einer Stadt statt, in der es kaum Hotels gibt (gab). Die Teilnehmer mussten Wohnungen und Zimmer mieten, die 30, 50, 100 oder mehr Kilometer von der CeBIT entfernt waren. WIESO? Nun ja, erwarten Sie keine zufriedenstellende Antwort von mir, ich weiß es nämlich auch nicht.

Aber sie führte zu einigen interessanten, fast absurden Methoden, um das Defizit auszugleichen. Einheimische, die in der Stadt oder in der Nähe der Stadt wohnten, zogen während des Messezeitraums aus ihren Wohnungen und vermieteten diese lieber an die Ausstellungsbesucher (quasi ein Vorgänger von Airbnb). Einige zogen jedoch nicht „aus“ sondern „nach unten“ in ihre Keller (falls die Eigentumswohnung einen hatte)! Und mit dem nach einigen Jahren gesparten Geld bauten sie ein Haus nebenan und fingen an, auch dieses Haus zu vermieten!

Oder vielleicht ist diese seltsame Situation bezüglich der fehlenden Unterkünfte nur während der CeBIT entstanden? Vielleicht gab es während einer „normal großen“ Ausstellung genügend Übernachtungsmöglichkeiten, was bei der CeBIT sicher nicht der Fall war. Möglicherweise. Ich war ein paar Mal für eine andere Ausstellung in Hannover, z.B. die Hannover Messe, und da hatte ich auch keine Probleme, ein Hotelzimmer in der Stadt zu finden.

Ah – und wenn ich schon über unerklärliche Merkwürdigkeiten in Hannover schreibe, muss ich Ihnen von einer anderen erzählen, an die ich mich gerade erinnert habe: die Situation auf dem Flughafen der Stadt. Manchmal kann es stundenlange Schlangen bei der Passkontrolle geben! Was? In Deutschland?? Nachdem wir zwei- oder dreimal unter solch schrecklichen Warteschlangen gelitten hatten, beschlossen wir, nicht mehr direkt nach Hannover zu fliegen. Daher landen wir jetzt in Hamburg oder Frankfurt. Ich sag es gerne nochmal: „Hannover – bitte reiß dich zusammen!“ :).

Mir ist gerade noch etwas eingefallen. Diesmal keine Kritik an Hannover, sondern nur an meinem vergesslichen Gedächtnis. Das Messegelände verfügt über einen riesigen Parkplatz, der ungefähr die gleiche Fläche einnimmt wie die riesigen Messehallen selbst. Nun, einmal kam ich mit einem Mietwagen an, den ich gerade abgeholt hatte. Ich hatte es wohl etwas eilig, also parkte ich den Wagen und eilte zur CeBIT. Nach der Messe hatte ich jedoch vergessen, wo ich ihn geparkt hatte und auch welche Farbe er hatte! Gott sei Dank war es nicht in den 80ern, als Autofahrer noch keine piependen Autoschlüssel hatten. Trotzdem ich lief eine gute halbe Stunde lang auf diesem verdammt großen Parkplatz herum und drückte auf meine Funkautoschlüssel, bis ich endlich ein erlösendes „piep, piep“ hörte… grrrr.

Huch, ich schweife schon wieder ab. Zurück zu unseren frühen CeBIT-Erfahrungen…

Wie ich schon sagte, gab es für mich, dem IT-begeisterten Eugene, auf der CeBIT anfangs nicht viel zu tun. Verträge mit Distributoren aushandeln, Geschäftsbedingungen besprechen… nein: nichts davon gefällt mir wirklich. Aber dann wurden wir immer bekannter, und mit dem Ruhm kommt… die Presse. Und bevor ich das Ausmaß begriff, war ich der Ansprechpartner für die Presse, der ich aber nie werden wollte. Meine Arbeit mit den Medien explodierte: etwa ein Dutzend Interviews täglich! Die ganze Woche über! Und das ohne Mittagessen (ein Kollege schien es immer zu schaffen, ein zusätzliches, ungeplantes Interview für diese freie halbe Stunde mitten am Tag hineinzuquetschen 😊). Am Abend war ich dann dementsprechend sehr erschöpft. Alle anderen gingen in ein nettes, traditionelles deutsches Restaurant (nach der CeBIT – siehe unten), während ich einfach in mein Hotelzimmer gemietetes Zimmer zurückkehrte, kurz zu Abend aß (meistens eine Wurst vom Imbiss) und schließlich im Schlafsack einschlief. Ich redete den ganzen Tag über mit der Presse, dass ich mich quasi buchstäblich wund redete. Zwei Mal habe ich sogar Bläschen auf der Zunge bekommen!

Erst Jahre später habe ich mir die Frage gestellt: Warum hat sich die Presse so sehr für uns interessiert?

Ich glaube, es liegt daran, dass „Cybersicherheit“ damals ein sehr heißes Thema war (genau wie heute!), und die Aufmerksamkeit dafür schnell zunahm. Und von allen Ständen auf der CeBIT gab es nur einen, (und zwar unser Stand), der in der Lage war, die Expertensicht rund um Cybersicherheit ausführlich zu erläutern. Andere beschränkten sich auf die typischen hellen und glänzenden Produkt/Marketing-Maschen, aber die Leute hatten es satt (das war vor 20 Jahren. Einige sind heute immer noch dabei, stellen Sie sich das mal vor😊). Wir hingegen konnten Geschichten über Cyberkriminelle erzählen, wie und warum sie sich in die Computer und Netzwerke ihrer Opfer einhacken, was sie stehlen und wie sie das, was sie stehlen, in Hartwährung verwandeln können. Und es scheint, dass wir uns vom traditionellen Marketing-Mist unserer Konkurrenten mit unserer Innovation, Leidenschaft und unkonventionellen Art abgehoben haben: Das gefällt nämlich der Presse 😊.

Noch ein paar Bilder. Zeitreise zur CeBIT 2010:

Und hier ist die „Antivirus Allee“. Trend Micro, G-Data, Avira und mehr. Die Organisatoren teilten die Standfläche nach verschiedenen Branchensegmenten auf. Dieser Pavillon wurde allen Arten von Cybersicherheitsfirmen überlassen, auch uns. Doch ab 2010 wurde die Teilnehmerliste der AV-Unternehmen immer kleiner. Symantec, McAfee, F-Secure und andere kleinere Unternehmen kamen alle nicht mehr zum jährlichen Trubel. In der Zwischenzeit wurden wir jedes Jahr größer und fröhlicher (aber immer basierend auf dem Fachwissen😊 )!

Es gab Jahre, an denen ich am Vorabend der Ausstellungseröffnung zur CeBIT ging, als der Aufbau der Stände noch im Gange war:

Hier ist unser Stand im Jahr 2012, alles aufgebaut und einsatzbereit:

…Und hier ist der gleiche Stand am Tag danach. Der erste Ausstellungstag war Non-Stop-Trubel. Für mich: Nonstop-Interviews mit Internet-, TV-, Radio-, Zeitungs- und Zeitschriftenjournalisten, Treffen mit unseren Geschäftspartnern, erstmalige Begegnung mit neuen Geschäftspartnern – und kein Mittagessen ☹ .

Hier ist unser immer volle Lounge-Bereich. Manchmal habe ich ihn als Ad-hoc-Minikonferenzsaal genutzt, um mit verschiedenen Distributoren und Resellers aus der ganzen Welt zu sprechen. Nun, sie waren alle hier, warum dann nicht einfach alle zusammen über unsere Neuigkeiten, Pläne und neuen Produktideen informieren? Dann habe ich vielleicht einfach mal Zeit, etwas zu Mittag zu essen).

Da unser Stand recht groß war, arbeiteten einige Dutzend Mitarbeiter hier. Und diese Mitarbeiter, und natürlich auch unsere Gäste/Partner, mussten regelmäßig gefüttert werden und mit reichlich Flüssigkeit versorgt werden. Dementsprechend hatten wir unser eigenes Mini-Café. Ein Ort, in dem ich leider viel zu wenig Zeit verbracht habe ☹.

Am Abend… (Sie werden es nicht glauben): Party! Bier, DJs, Disco, Tanzen, jeder war Glücklich! Haare: ruiniert.

Eines der vielen tollen Dinge an der CeBIT war, dass man nach den harten Arbeitstagen noch etwas Spaß haben konnte. Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hielt, veranstaltete abwechselnd einen Partyabend auf ihrem Stand. Das macht also eine Party pro Abend für die ganze Woche! Und es gab keine Regeln für das Format der Abendveranstaltung. Nun, das war unser Partyabend:

Ja – das sind zwei Damen, die auf den Tischen tanzen :).

Einige Male luden wir einige in Berlin lebende russische DJs ein, um ein bisschen „Russendisko“ aufzulegen:

Ok, die Musik war nicht nur Russendisko (wir wollten es nicht übertreiben:), aber die Zeichentrickfilme auf den Bildschirmen waren auf jeden Fall sowjetisch. Stundenlang tanzten und tranken wir uns durch die Nacht und unsere Party wurde zu einer der geschäftigsten. Auch das lokale Messemagazin „Messe Zeitung“ war der Meinung: Unsere Nacht wurde als „die coolste Party der gesamten CeBIT“ ausgezeichnet! Leider hat kein Exemplar dieser Ausgabe des Magazins überlebt.

 

Ich glaube nicht, dass es neben der CeBIT noch eine andere Ausstellung – auch keine IT-Messe – gibt, auf der ich gewesen bin, die ein so entspanntes Abendformat erlaubt. Die Hannover Industriemesse zum Beispiel, die im gleichen Gebäudekomplex stattfindet, ist eine „Hemd und Krawatte“-Veranstaltung: absolut keine abendlichen Spielereien :). Sogar der Mobile World Congress in Barcelona, der ähnlich fröhlich, lustig und dynamisch wie die CeBIT ist… erlaubt überhaupt keinen Unfug!

Und zum Schluss, leider leider, spiele ich einen geschriebenen Moll-Akkord…

Anfang 2010 beschloss die CeBIT, obwohl ihr Format jahrzehntelang gut funktioniert hat, ihr Format zu ändern. Sie wurde deutschzentrierter, geschäftlicher und formeller. Infolgedessen kam praktisch das gesamte asiatische Kontingent der CeBIT nicht mehr.

Von da an ging es nur noch bergab. Alles, was mobil war, schien sich auf MWC in Barcelona und andere asiatische Messen zu verlagern, und das war es dann – schließlich: Game over. Die CeBIT hörte 2019 endgültig auf zu existieren :((.

Meine letzte CeBIT fand 2014 statt. Nur drei Antiviren-Unternehmen waren dort vertreten: wir, Sophos und ESET (nur zum Vergleich, auf dem Höhepunkt der CeBIT (2000-2005) waren es etwa ein Dutzend).

Aber bei meinem letzten Besuch war ich aus einem anderen Grund dort:

 

Ich denke, das Foto sagt alles. Nur für alle Fälle, finden Sie hier die Details.

PS: Vielleicht fragen Sie sich sich, warum ich so viel über eine einzige jährliche IT-Ausstellung geschrieben habe.

Nun, eigentlich liegt es daran, dass ich die CeBIT für so entscheidend für unsere Entwicklung halte. Unsere kontinuierliche Präsenz dort war einer der Schlüsselfaktoren für unseren Erfolg, insbesondere in Europa. Denn dort gab es jedes Jahr eine außergewöhnlich hohe Konzentration an nützlichen Kontakten und IT-Presse. Dort konnten wir stolz darüber sprechen, dass wir besser sind als unsere Konkurrenten und die Leute wurden aufmerksam auf uns!

Auch unser „Weg zum Erfolg“, den wir zu einem großen Teil auf der CeBIT beschritten haben, ist heute ebenfalls so ziemlich eine historische Untersuchung entsprechend seiner Zeit. Das ist ein weiterer Grund, warum ich viel geschrieben habe: Es schließt irgendwie ein bedeutendes Kapitel ab, also musste ich es richtig irgendwie machen. Ich bin mir sicher, dass Startups heute nicht mehr so bizarre, zähneknirschende Abenteuer erleben müssen. Heutzutage gibt es Investoren, und man kann aus den Erfahrungen anderer, älterer Unternehmen lernen. Welch ein Glück. Dennoch muss ich gestehen, dass auch wir Glück hatten: Der Weg zum Erfolg, den wir auf der CeBIT beschritten haben, war zwar oft hart, aber hat auch viel Spaß gemacht!

 

Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 3: 1992-199x.

Nur für den Fall, dass Sie die ersten beiden Teile verpasst haben, dies ist die dritte Episode meiner Cyber-Chroniken aus vergangenen Zeiten. Da ich, wie die meisten Leute, eingesperrt bin, habe ich mehr Zeit, um in aller Ruhe in der Vergangenheit der CyberseKurity zu schwelgen. Normalerweise sitze ich in Flugzeugen und fliege rund um den Globus für Geschäfte und Tourismus – was normalerweise den größten Teil meiner Zeit in Anspruch nimmt. Aber da all das – zumindest offline/persönlich – im Moment nicht möglich ist, nutze ich einen Teil dieser ungenutzten Zeit stattdessen, um auf mit meinen Fingern auf die Tastatur zu hauen. Das Ergebnis: Ein bisschen persönliche / Kaspersky Lab / cyberhistorische Nostalgie! In diesem Beitrag schreibe ich mehr über den Zeitraum ab den Neunzigern.

Der Tippfehler, der zur Marke wurde

Ganz am Anfang wurden alle unsere Antivirenprogramme nach der ‚-*.EXE‘-Vorlage benannt. Das heißt zum Beispiel ‚-V.EXE‘ (Antiviren-Scanner), ‚-D.EXE‘ (resident Monitor), ‚-U.EXE‘ (Dienstprogramme/Utilities). Das ‚-‚-Präfix wurde verwendet, um sicherzustellen, dass unsere Programme in einem Dateimanager ganz oben auf der Liste der Programme stehen (Technikfreak verwendet von Anfang an intelligente PR-Maßnahmen ?:) ).

Später, als wir unser erstes vollwertiges Produkt auf den Markt brachten, tauften wir es „Antiviral Toolkit Pro“. Logischerweise hätte das mit „ATP“ abgekürzt werden müssen; aber das wurde es nicht…

Irgendwann gegen Ende 1993 oder Anfang 1994 bat mich Vesselin Bontchev, der sich an mich von früheren Treffen (siehe Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 1) erinnerte, um ein Exemplar unseres Produkts. Er testete es im Virus Test Center der Universität Hamburg, wo er zu dieser Zeit arbeitete. Natürlich war ich sehr dankbar dafür! Während der Zip-Archivierung der Dateien gab ich dem Archiv versehentlich den Namen AVP.ZIP (anstelle von ATP.ZIP) und schickte es ausversehen an Vesselin. Einige Zeit später bat mich Vesselin um die Erlaubnis, das Archiv auf einen FTP-Server zu stellen (damit es öffentlich zugänglich wäre), und natürlich kam ich Ihm wieder entgegen. Ein oder zwei Wochen später sagte er mir: ‚Ihr AVP wird auf dem FTP wirklich ziemlich populär!

‚Welches AVP?‘, fragte ich.

Was meinst du mit ‚Welches AVP‘? Na, den, den Sie mir in der Archivdatei geschickt haben, natürlich!“

‚WAS?! Benennen Sie es sofort um – das ist ein Tippfehler!“

Zu spät. Es ist bereits veröffentlicht worden – und als AVP bekannt!“

Und das war’s: AVP, war es halt nun! Glücklicherweise haben wir (irgendwie) es dann doch geschafft, AVP Sinn zu verleihen:  Anti-Virus-Toolkit Pro. Wie ich schon sagte – irgendwie. Wenn schon, denn schon: Alle unsere Tools wurden umbenannt, indem das Präfix „-“ weggelassen und „AVP“ an seine Stelle gesetzt wurde.  Bis heute noch wird es in einigen der Namen unserer Module verwendet.

Erste Geschäftsreisen – nach Deutschland zur CeBIT

1992 half mir Alexey Remizov – mein Chef bei KAMI, wo ich zum ersten Mal arbeitete – dabei, meinen ersten Auslandsreisepass zu bekommen, und nahm mich mit zur CeBIT-Ausstellung in Hannover in Deutschland. Wir hatten dort einen bescheidenen Stand, den wir uns mit einigen anderen russischen Unternehmen teilten. Unser Tisch war zur Hälfte mit KAMI-Transplutertechnologie gedeckt, die andere Hälfte – unser Antivirus-Angebot. Wir wurden mit kleinen Aufträgen belohnt, aber nichts Großartiges. Trotzdem war es eine sehr nützliche Reise…

Unsere Eindrücke von der CeBIT damals waren einfach nur oh-mein-grandios! Es war einfach so riesig! Und es war noch gar nicht so lange her, dass Deutschland wiedervereinigt war, also war für uns alles ein bisschen Westdeutschland – der Computerkapitalismus ist durchgedreht! In der Tat – ein Kulturschock (gefolgt von einem zweiten Kulturschock, als wir wieder in Moskau ankamen – dazu später mehr).

Angesichts der immensen Größe der CeBIT wurde unser kleiner Gemeinschaftsstand kaum zur Kenntnis genommen. Dennoch war es der sprichwörtliche „erste Schritt ist die große Welt“ oder so ähnlich. Denn vier Jahre später folgte ein erneuter Besuch der CeBIT – diesmal, um mit dem Aufbau unseres europäischen (und dann globalen) Partnernetzwerks zu beginnen. Aber das ist ein Thema für ein andermal einen weiteren Beitrag (was meiner Meinung nach besonders für diejenigen interessant sein sollte, die ihre eigenen langen Geschäftsgeschichte schreiben werden).

Übrigens habe ich schon damals verstanden, dass unser Projekt dringend zumindest eine Art von PR-/Marketing-Unterstützung benötigte. Aber da wir kaum Geld hatten und die Journalisten noch nie von uns gehört hatten, war es schwierig, welche zu bekommen. Dennoch gelang es uns als direkte Folge unserer ersten Reise zur CeBIT, im Mai 1992 einen selbstgeschriebenen Artikel über uns im russischen Technologie-Magazin ComputerPress zu veröffentlichen: hausgemachte PR!

Fee! Fie! Foe! Fum!, Ich rieche das Geld der Engländer

Meine zweite Geschäftsreise fand im Juni-Juli desselben Jahres statt, und zwar flog ich nach Großbritannien. Ein Ergebnis dieser Reise war ein weiterer Artikel, diesmal im Virus Bulletin mit dem Titel „The Russians Are Coming“ (dt. die Russen kommen), der unsere erste ausländische Publikation war. Übrigens, in dem Artikel werden „18 Programmierer“ erwähnt. Insgesamt arbeiteten wahrscheinlich 18 Personen bei KAMI, aber in unserer AV-Abteilung waren wir nur zu dritt.

London, Juni 1992

So weit, so gut. Aber haben wir Geld verdient? Die schnelle – auch vollständige – Antwort: nein. Die Sache war die, dass es damals in Russland praktisch keinen legitimen Software-Markt gab. In Russland wurden viele Raubkopien „verkauft“, aber kaum jemand kaufte tatsächlich autorisierte Produkte. Es wurden einige zaghafte Versuche unternommen, ATP AVP über die KAMI-Partnerschaften zu verkaufen (einige rühmen sich bis heute stolz darauf, seit damals mit uns zusammenzuarbeiten:), aber es kam nicht viel dabei heraus. Dementsprechend war ich gezwungen, meinen Lebensunterhalt… als Akkordarbeiter für das britische Antiviren-Unternehmen Sophos zu verdienen!

Die Briten schickten mir neue Proben von Viren, die sie eingefangen hatten, und ich machte mich daran, sie zu analysieren, um Signaturen für ihren Virenschutz zu erstellen, und schickte sie dann zurück. Und das zum Stückpreis von fünf US-Doller pro Stück, soweit ich mich erinnere. Und so habe ich bis Dezember 1996 mein täglich Brot verdient.

Die allererste Auszeichnung (von vielen)

Die ersten Tests von Virenschutzprogrammen an großen Sammlungen von Malware, von denen ich je gehört hatte, sollten im Frühjahr/Sommer 1994 stattfinden. Und wir haben beschlossen, daran teilzunehmen (Details – hier). 32 Produkte traten an und jedes wurde auf die Erkennung von etwa 16.000 infizierten Dateien getestet. Nun, Sie können sich wahrscheinlich unsere Überraschung vorstellen, als das Antivirusprogramm, das die höchsten Ergebnisse erzielte, und deshalb gewann… unserer war! Die Ergebnisse der Tests wurden am 19. Juni 1994 veröffentlicht. Und das sind genau diese Testergebnisse:

Welch eine Freude!

Die Rolle, die dieser Sieg für uns hatte, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Anfang 1994 engagierten uns unsere ersten ausländischen Partner nur gelegentlich. Aber nach diesen Testergebnissen, schafften wir den großen Sprung: Im Dezember 1994 hatten wir bereits acht Partner in Übersee!

Ich erinnere mich noch gut an die Vereinbarungen, die wir mit diesen ersten Partnern getroffen haben – denn ich war derjenige, der sie ausgearbeitet und schon mit den meisten von ihnen früh verhandelte. Nicht das beste Metier für einen Mathematiker! Sie können sich also meine Erleichterung vorstellen, als meine damalige Frau Natalya einsprang, um alles Geschäftliche und die Buchhaltung übernahm.

Und auf diese Weise haben wir unser viertes Mitglied ins Boot geholt. Nach fünf Jahren zu Hause bei den Kindern fing sie in der Verkaufsabteilung von KAMI an zu arbeiten. Und da wir Kapital brauchten und der beste Weg, um an Kapital zu kommen der Vertrieb war, luden wir sie ein, sich uns anzuschließen, um die Verkäufe (und die Verträge und Buchhaltung) zu leiten. Nochmal zur Erinnerung: 1994 existierte der russische Software-Markt nicht wirklich, und so gab es nur sehr wenig Geld (Gehalt) für offene Stellen im Bereich „russische Software“. Hochkarätige Verkaufsprofis könnten niemals in eine ~nicht existierende Branche gelockt werden – noch dazu zu einem Neuling darin! – und sie hätten sich nie vorstellen können, dass dieser Neuling schon bald die Welt erobern würde). Stattdessen trat Natalja an den Verhandlungstisch, um sozusagen „auszuhelfen“.

Anfangs hatte sie es auch sehr schwer. Der Rest des Teams – die Programmierer – hatten insofern Glück, da man sich beim Programmieren nur an die richtigen Tastenreihenfolge in den verschiedenen Programmiersprachen gewöhnen musste. Für Natalya gab es damals leider praktisch keine Business Schools, so dass sie (und auch wir, für nicht-computerfreakiges Zeug) praktisch alles von Grund auf und aus eigener Kraft und aus Fehlern lernen musste.

Besonders heikel war die Zusammenarbeit mit unseren ausländischen Partnern, denn bei weitem nicht alle von ihnen sich… völlig ehrlich verhielten. Ziemlich viele… bestahlen uns! Einer unserer aufrechten Partner tat das Anständige und erklärte uns, dass in unserem Standardvertrag Klauseln fehlten, um unsere Partner vernünftig zu kontrollieren. Wir waren ein leichtes und schnell ausnutzbares Ziel. Wir antworteten unserem Partner, dass wir einverstanden seien, aber unser Vertrag, so wie er war, unsere einzige Chance, um Zugang zum Weltmarkt zu erhalten war. Wir dachten uns nur: Wir lassen uns bestehlen, aber zumindest werden sie unser Produkt zur gleichen Zeit auf den Markt bringen.

Und so schafften wir es, unser erstes Partnernetzwerk zu knüpfen. „Schaffen“ in dem Sinne, dass es keinen wirklichen Plan gab, um die Aufgabe tatsächlich in Angriff zu nehmen. Wir haben es uns im Laufe der Zeit selbst geschaffen und gelernt, wie es geht. Und außerdem konnten wir kaum viel planen, da es die Partner waren, die nach einer Weile zu uns kamen. Doch Anfang 1995 begann Natalya, die ihr Englisch innerhalb eines Jahres von „sowjetisch erzogenen Soundsoundso“ auf „gut“ aufgefrischt hatte, viel enger mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten. Sie flog oft zu ihnen, um ihnen bei der Feinabstimmung unseres wachsenden internationalen Geschäfts zu helfen. Chapeau, Natalya!

Und schon kurze Zeit später ging es dann richtig los. Aber mehr dazu im vierten Teil…

Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 1: 1989-1991

Nachdem ich kürzlich einen Beitrag darüber geschrieben habe, dass wir in unabhängigen Tests seit jeher die Top-3 anführen, überkamen mich plötzlich nostalgische Gefühle. Zufällig viel auch der 20. Jahrestag des ILOVEYOU-Virus-Wurms in diese Zeitspanne: noch mehr Nostalgie und ein weiterer Beitrag! „Warum hier aufhören“, dachte ich mir. In diesem Beitrag folgt also noch mehr K-Nostalgie …

Zunächst drücken wir den Knopf „Zurückspulen“ (auf dem Kassettenrekorder der 80er Jahre) und machen Halt in den späten 1980er Jahren, als Kaspersky lediglich mein Nachname war.

Teil 1 – 1989-1991

Oktober 1989: Für mich das Datum, an dem ich meinen ersten „großen“ Schritt in meiner beruflichen Laufbahn gewagt habe. Datum, an dem ich den Cascade-Virus (Cascade.1704) auf einem Olivetti M24 (CGA, 20M HDD) in ausführbaren Dateien gefunden habe und neutralisieren konnte.

In Erzählungen wird normalerweise die Tatsache vertuscht, dass der zweite Virus nicht von mir, sondern von Alexander Ivakhin entdeckt wurde. Danach haben wir allerdings damit angefangen, Virensignaturen mit unserem Antiviren-Dienstprogramm (man konnte und kann es nicht wirklich als „Produkt“ bezeichnen) regelmäßig zu „zerlegen“. Viren traten immer häufiger auf (mehrere im Monat!): ich zerlegte, analysierte und klassifizierte sie und gab die Daten dann in das Antivirus-Programm ein.

Aber die Viren kamen immer wieder – neue Viren, die Computer gnadenlos zerstörten. Sie mussten beschützt werden! All das passierte ungefähr in Zeiten von Glasnost, Perestroika, Demokratisierung, Genossenschaften, VHS-Videorecordern, Walkmans, komischen Frisuren und der ersten Heimcomputer. Und wie es das Schicksal so wollte, war ein Freund von mir der Leiter einer der ersten Computergenossenschaften, und er lud mich ein, Viren auszurotten. Ich sagte zu …

Mein erstes „Gehalt“ war eine Schachtel 5″-Disketten, da ich damals moralisch einfach nicht dazu bereit war, Geld für meine Dienste zu nehmen. Kurz danach, Ende der 1990er Jahre oder Anfang 1991, konnte die Genossenschaft jedoch zwei tolle Verträge an Land ziehen – und auch ich verdiente daran eine (damals) ordentliche Summe Geld.

Bei dem ersten Vertrag ging es um die Installation von Antivirensoftware auf Computern, die von einer in Kiew ansässigen Genossenschaft aus Bulgarien in die UdSSR importiert wurden. Die bulgarischen Computer waren damals von Viren geplagt, die die Daten auf den Festplatten richtig durcheinanderbrachten; die Viren waren übrigens auch bulgarisch.

Der zweite Vertrag betraf die Lizenzierung von Antivirentechnologien in einem bestimmten MS-DOS-basierten System (das damalige Äquivalent zu MS Office).

Möchten Sie wissen, wofür ich mein erstes „richtiges“ Gehalt ausgegeben habe? Ich glaube, es war ein Videorecorder; übrigens eine totale Geldverschwendung. Ich hatte nie die Zeit, Filme zu schauen, geschweige denn Dinge aufzunehmen. Und auch meine Familie war kein besonderer Fan von Videos. Leider. (Übrigens: Ein guter Videorecorder kostete damals das gleiche wie ein anständiger gebrauchter Lada!)

Meine damals zweite Errungenschaft hat sich damals viel mehr gelohnt – mehrere Tonnen Papier für die Veröffentlichung meines ersten Buches über Computerviren. Übrigens: Kurz nach diesem Kauf kam es übrigens zur Pavlov-Reform, also war es gar nicht mal so schlecht gewesen, dass ich alle meine Rubel ausgegeben hatte – Tage später wären viele meiner 50- und 100-Rubel-Noten wertlos gewesen! Glück gehabt!

Mein Buch wurde im Frühjahr 1991 veröffentlicht. Leider ließen die Verkaufszahlen zu wünschen übrig – die meisten Exemplare verstaubten tatsächlich in einer Lagerhalle. Dennoch habe ich seitdem nirgendwo eine weitere Kopie gefunden, und selbst im K-Archiv gibt es nur eine einzige Kopie (wenn also jemand eines dieser wertvollen Exemplare besitzt – lassen Sie es mich wissen). Übrigens: Mir wurde damals von einer gewissen Natalya Kasperskaya bei der Vorbereitung des Buches immens geholfen. Sie überarbeitete  das Buch immer und immer wieder und kümmerte sich gleichzeitig um ihre zwei kleinen Kinder.

Das ist das Bild meiner zweiten Veröffentlichung. Die einzige Kopie des ersten Buches befindet sich, wie bereits erwähnt, in unserem K-Archiv – und da wir die momentane Lage sehr ernst nehmen, kann ich Ihnen leider kein Foto meines ersten Werks zeigen.

Neben Büchern habe ich übrigens auch damit begonnen, Artikel für Computermagazine zu schreiben und gelegentlich Reden gehalten. Einer der Clubs, in denen ich einen meiner Vorträge hielt, verschickte Shareware auf Disketten per Post. Auf solchen Disketten erschienen übrigens auch die frühen Versionen unseres Antivirenprogramms „-V by doctor E. Kasperski“ (später als „Kaspersky“ bekannt :)) (zuvor waren Freunde und Bekannte die einzigen Benutzer des Antivirenprogramms).

Die Hauptunterschiede zwischen meinem Antivirus-Dienstprogramm und den Dienstprogrammen anderer (man kann diese leider nicht als „Produkte“ bezeichnen) waren folgende: Es hatte eine angemessene Benutzeroberfläche – im Pseudo-Grafikmodus von MS-DOS – der sogar (!) die Verwendung einer Maus unterstützte. Darüber hinaus enthielt es „Resident Guard“ und Dienstprogramme für die Analyse des Systemspeichers, um nach bisher unbekannten MS-DOS-Viren zu suchen (das war lange Zeit vor Windows).

Die älteste gespeicherte Version dieses Antivirus ist die -V34 vom 12. September 1990. Die Zahl „34“ ergibt sich aus der Anzahl der gefundenen Viren! Übrigens: Wenn jemand eine frühere Version hat – bitte lassen Sie mich auch das wissen!

Damals existierte der Antivirenmarkt in Russland noch nicht; es sei denn, Sie zählen Dmitry Lozinskys AV „Aidstest“ auf einer Diskette für drei Rubel dazu. Wir haben versucht, Verkäufe über verschiedene Computergenossenschaften oder Joint Ventures zu organisieren, allerdings waren wir nie wirklich erfolgreich.

Also musste ich in den Jahren 1990 und 1991 meine Rolle als eigenständiger Antivirus Analyst festigen; obwohl damals noch niemand von einer solchen Berufung gehört hatte. Meine Familie war ehrlich gesagt nicht gerade begeistert von der Idee, zumal die CCCP zu diesem Zeitpunkt gerade zusammenbrach und das Geld knapp war. Ja, es waren schwere Zeiten damals; aber umso interessanter!

Fortsetzung folgt.

Wenn ich jedes Mal Geld für die Frage bekäme, die ich seit 30 Jahren gestellt bekomme…

Hey!

Können Sie sich vorstellen, welche Frage mir während Interviews und Pressekonferenzen am meisten gestellt wird?

Die Frage folgte mir ab 1990er Jahren auf Schritt und Tritt und wurde schnell zu der gefürchteten Frage, die mich dazu brachte, die Augen zu verdrehen (obwohl ich der Versuchung oft widerstand 🙂 ). Dann, nach einigen Jahren, entschied ich mich einfach dazu, die Unvermeidbarkeit und Unabwendbarkeit der Frage zu akzeptieren, und fing an, ein bisschen zu improvisieren und meine Antworten mit zusätzlichen Details zu bestücken. Auch noch heute, obwohl meine Antworten wahrscheinlich in allen Massenmedien der Welt veröffentlicht und ausgestrahlt wurden (und das mehr als einmal), werde ich immer und immer wieder danach gefragt.

Schon eine Vermutung, um welche Frage es sich handelt?

Die Frage lautet: „Welcher Virus war der Erste, den Sie entdeckt haben?“  (sowie Fragen dazu, wie und wann ich den Virus gefunden habe, wie ich den infizierten Computer gerettet habe usw.).

Klar, eine wichtige Frage…, da es mein eigener Rechner gewesen war! Vielleicht hätte ich auch sonst keinen drastischen Karriereumbruch unternommen; Möglicherweise hätte ich nicht das beste Virenschutzprogramm der Welt entworfen. Ich hätte vielleicht nicht eines der größten privaten Unternehmen für Cybersicherheit gegründet und noch vieles mehr nicht gemacht. Ja, eine schicksalhafte Rolle spielte dieser Virus… ein Virus, der zu den frühen Vorboten dessen gehörte, was folgen würde: Milliarden seiner „Nachkommen“, später Cyberkriminalität, Cyberkriegsführung, Cyberspionage und all die Cyberganoven, die dahinter stecken – und zwar in jeder Ecke der Welt.

Wie auch immer, wie lautet denn jetzt die Antwort auf die Frage?

Der Name des Virus war Cascade.

Aber warum plötzlich so nostalgisch wegen einem Virus?

Ganz einfach, denn dieses Jahr, 2019, sind ganze 30 JAHRE seit dieser bedeutsamen Eroberung von Cascade vergangen! Und das heißt, es sind auch 30 JAHRE vergangen, seitdem ich angefangen habe, in der Branche zu arbeiten, in der ich mich heute noch befinde!

Grundgütiger! 30 Jahre?! Nun, es ist eine schöne runde Zahl (ich frage mich, wie viele andere Cybersicherheitsexperten von damals noch an der Front sind ?!), und darüberhinaus auch noch ein Jubiläum. Diese Gelegenheit brachte mich dazu, über nostalgische statistische Analysen nachzudenken, wie es natürlich jeder Mathematiker tun würde, der zum Experten für Cybersicherheit wird 🙂 . Immerhin repräsentieren diese 30 Jahre praktisch den gesamten Zeitstrahl der Evolution der Cyberkriminalität! Das ist auf jeden Fall einen Blick wert.

Also, wo sollen wir anfangen? Ach ja, vor 30 Jahren. Und womit sollen wir beginnen? Achso. OH NEIN! Diese Frage! Na gut, ein weiteres Mal wird nicht schaden:„Wie haben Sie Cascade besiegt?“ 🙂

Dann spulen wir mal bis zum Zeitpunkt – kurz bevor mein Computer mit Cascade infiziert wurde – zurück…

Über Computerviren erfuhr ich zum ersten Mal in einer sowjetischen Computerzeitschrift. Das war Ende der 1980er Jahre. Die UdSSR trat ihren letzten Lebensabend an und es gab Glasnost, Perestroika und Genossenschaften. Es erschienen auch erstmals Fachzeitschriften rund um den Computer.

Aus irgendeinem Grund war ich sehr neugierig auf Viren. Ich machte mir eine Notiz – und teilte dem Management meiner Firma, die nichts mit Viren zu tun hatte, mit, dass es solche Gefahren gibt und dass das firmeninterne Computerinventar von Zeit zu Zeit überprüft werden müsste, um festzustellen, ob eine Infektion vorlag.

Dafür besorgte ich mir eine Diskette mit einigen „Antivirus“ -Programmen. Damals wurden sie als Shareware vertrieben. Man konnte diese kostenlos verwenden, und, wenn man sie mochte, konnte man einen kleinen, aber dankbaren Betrag an die Entwickler zahlen. Damals hatte ich kaum Geld, also waren sie im Grunde genommen Freeware für mich (nicht, dass ich sie für kommerzielle Zwecke verwendet hätte). Wenn ich mich recht erinnere, befanden sich auf dieser Diskette zwei Virenschutzprogramme: VIRUSCAN von John McAfee selbst und ANTI-KOT, eine sowjetische Entwicklung des in Moskau ansässigen Programmierers Oleg Kotik.

So fing ich jede Woche an, meinen Arbeits-Desktop-Computer auf Viren zu überprüfen. Dann, eines Tages, im Herbst 1989, genau vor 30 Jahren, entdeckte mein ANTI-KOT den Virus Cascade. Ich entfernte die Infektion, um den Computer zu retten. Zudem habe ich eine Kopie der infizierten Dateien erstellt. Später, als ich die Zeit hatte, zerlegte ich den Code des Virus, schrieb ein Desinfektionsprogramm dafür und teilte es mit Kollegen und Freunden. Das war das Ereignis, das, wie man so schön sagt, den Stein ins Rollen brachte…

Ein paar Monate später klopfte ein ständiger Strom von Leuten an meine Tür auf der Suche nach einem Heilmittel für ihre schlecht funktionierenden Computer. Woah. Plötzlich war das alles nicht nur neugierig, sondern auch aufregend, und da ich sehr neugierig bin und den Nervenkitzel liebe, war ich total in meinem Elemente („in meiner Schokolade“, wie man in Russland sagt. Da merkte ich plötzlich, dass ich bis dato in der falschen Branche gearbeitet hatte. Computer zu retten… war das tatsächlich meine Berufung? Und so gab ich meinen ursprünglichen Job auf, um mich einer Computergenossenschaft anzuschließen und professionellen Schutzlösungen zu entwickeln – solche wie diese:

Ach du meine Güte! 30 Jahre seit den ersten Schritten ?! Schwer, sich an alles zu erinnern. Dementsprechend haben wir hier eine Infografik mit Retro-Pixeln zusammengestellt, die alle Hauptereignisse des letzten und doch so nahen Drittels eines Jahrhunderts in der Welt der Computervirologie und Antivirologie aufzeichnet. Klicken Sie hier für die Vollversion des Bildes:

Einige der Daten, die wir für die Infografik verwendet haben, sind komischerweise an sich von Interesse. Die folgende Grafik zeigt beispielsweise den exponentiellen Anstieg der entdeckten Malware im letzten Jahrzehnt(Daten für 2019 beziehen sich auf die ersten sechs Monate des Jahres):

Hier ist die Wachstumskurve der Bedrohungen für mobile Geräte:

Und hier – Malware für Linux:

Und für MacOS:

Wenn Sie sich die Infografiken ansehen, werden Sie merken, wie sehr sich die Welt in den letzten 30 Jahren verändert hat. Es gab einige wirklich historische Ereignisse – vom Zusammenbruch der Sowjetunion und der Schaffung der Europäischen Union bis hin zum Klonen lebender Organismen und der Entstehung des Internets, wie wir es heute kennen. Umso befriedigender ist es, sich daran zu erinnern, dass wir bei K uns in Bezug auf das, was wir letztendlich tun, überhaupt nicht verändert haben und unsere Aufgabe, die Welt vor Cyberkriminalität zu schützen, weiterhin verfolgen. Natürlich haben sich unsere Methoden geändert, viele sogar, aber die Mission und das Ziel bleiben gleich. Und wenn wir uns unser drittes Jahrzehnt als Unternehmen näher betrachten, ist es noch befriedigender, genau zu wissen, in welche Richtung wir uns in dieser sich ständig verändernden Welt bewegen – und wie wir sie verbessern können.

E. KASPERSKY ERLÄUTERT SEINE GESCHICHTE: WIE ER VOR 30 JAHREN IM CYBERSECURITY-GESCHÄFT FUß GEFASST HAT, UND EINIGE INTERESSANTE STATISTIKEN, DIE SCHNELL DIE ENTWICKLUNGSGESCHICHTE VON MALWARE DARSTELLEN.Tweet

 

Happy Birthday, Kaspersky – Wir werden 20!

Vroumm!

Was war das?

Das, liebe Jungs und Mädels, war die Geschichte der Cybersicherheit, die im Nu an uns vorbeigezogen ist!

Vor 28 Jahren, irgendwann im Herbst 1989, wurde mein Olivetti M24 von einem Virus befallen. Dieses verhängnisvolle Ereignis veränderte nicht nur mein Leben, sondern auch das Leben vieler anderer. Wenn dieser Virus nur gewusst hätte, mit wem er sich da angelegt hat und wie viele schädliche Nachfahren in den nächsten Jahrzehnten von mir und später auch von Klers vernichtet werden würden! Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich der Virus in Null-Komma-Nichts umgedreht und das Weite gesucht hätte!

Vor 26 Jahren, im Sommer 1991, brachte eine kleine Gruppe gleichgesinnter Computerfreaksliebhaber den Urgroßvater eines der heutigen Top Antivirus-Programme weltweit auf den Markt.

Vor genau 20 Jahren, am 26 Juni 1997, wurde „Me Lab“ gegründet.

Trotzdem ist es heute ziemlich ruhig im Büro. Keine Party, kein Champagner, rein gar nichts. Und das an unserem 20sten Geburtstag? Keine Sorge – dazu kommen wir noch. Wir werden feiern, in unseren gewöhnlich verrückten Klamotten, nur einfach ein bisschen später. Heute läuft alles wie gewohnt. Trotzdem, wenn ihr heute Abend – JETZT! ein Gläschen auf unser Wohl heben und ein paar nette Worte äußern wollt, dann tut das bitte. Ihr werdet mit guten Vibes und positivem Karma belohnt, ganz sicher!

Wow – wir haben gerade Glückwünsche von Scuderia bekommen. Grazie mille! (Die Fotos kamen mit der Anmerkung „Kimi lacht“ an.) Das tun wir auch :).

Das Icing auf dem Geburtstagkuchen:

Und jetzt zurück zu den Getränken :)…