A.B. über Lijiang: Moderne trifft Antike.

Um meine eigenen Reisenotizen zu Lijiang anzureichern, gibt es heute fotografische Meisterwerke und die aufgeschriebenen Eindrücke meines Reisebegleiters A.B., der netterweise der Veröffentlichung zugestimmt hat.

Hier kommt der Mann, der die Friedensglocke in Lijiang geläutet hat. Für nur fünf Yuan, die man dem Mönch zahlt, der daneben sitzt, kann man sie mit einem hängenden Balken anstoßen. Die unterschiedliche Anzahl der zu hörenden Glockenschläge hat jeweils eine unterschiedliche Bedeutung. Ich kann mich an keine davon erinnern, aber sie sind alle positiv und im Bereich von „für den Frieden in der Welt“. Darauf stoßen wir an.

Ich gebe nun ab an A.B.:

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Idioten in China

Ich war noch nie in China. Ich kann auch nicht sagen, dass das Land zu meinen Traumzielen gehörte. Doch dann begleitete ich plötzlich EK dorthin. Das war wie ein Sprung ins kalte Wasser, da wir nicht die üblichen Sehenswürdigkeiten besuchten, sondern direkt ins tiefste, provinziellste China fuhren. Ich fühlte mich wie der Idiot im Ausland, da ich absolut nichts über das Land oder seine Kultur wusste – von der Sprache ganz zu schweigen. Also erst einmal das Wichtigste: Ich musste ein paar wichtige chinesische Begriffe lernen…

Meine ersten drei Worte/Phrasen waren: hallo (nihau), danke (sisi) und „auf Ex hinunterschlucken!“ Beim letzten wurde erst später klar, dass ich es auf Japanisch sagte – kampai – statt mit der chinesischen Aussprache kampey! Aber die Hauptsache war, es wurde verstanden :).

Das tolle an meiner Reise nach China war, dass ich das echte China gesehen habe, nicht das falsche China, das für Ausländer da ist (nicht, dass es davon so viel gäbe). Ich fand mich im relativen Hinterland wieder, das als Provinz Yunnan bekannt ist, genauer gesagt in der alten, exotischen (sogar nach chinesischen Standards) Stadt Lijiang, die in den Bergen nahe der Grenzen zu Myanmar und Laos liegt.

Das interessante an China ist für mich… Lijiang – auch wenn mir klar ist, dass die Stadt nicht das ganze, riesige Land repräsentiert. Aber wie E.K. immer sagt: noch ein Grund, wieder zu kommen!

Das historische Zentrum von Lijiang gleicht in vielen Dingen alten europäischen Städten, die ich schon besucht habe: enge Seitenstraßen, gepflasterte Gehwege, Ziegeldächer und jedes Gebäude scheint schon vor mehreren Jahrhunderten gebaut worden zu sein. Jedes Haus ist hier am Tag entweder ein Stand, der Getränke verkauft, ein Café oder ein Restaurant.

Das erinnert mich stark an Jerusalem oder Städte auf den griechischen Inseln oder in Italien – nur mit anderer Architektur, anderen Gesichtern und vor allem anderen Gerüchen, die ziemlich… ungewöhnlich waren :).

Diese Stadt liegt mehr als 2.000 Meter über dem Meeresspiegel und ist laut Wikipedia die alte Hauptstadt des Naxi-Volks (ausgesprochen Nashi), das heute offiziell als eine der 56 ethnischen Gruppen des Landes anerkannt ist.

Die Altstadt ist auch ein Weltkulturerbe, aber ich bin nicht sicher, ob alle Gebäude so alt sind, wie angegeben. Einmal sah ich Arbeiter, die ein Gebäude mit Pickeln und Vorschlaghämmern einrissen: Das Dach sah wirklich altertümlich aus, doch die Mauern des Hauses sahen aus wie aus Betonblöcken des 20. Jahrhunderts errichtet!

Beim Spaziergang durch die engen Straßen dachte ich immer wieder daran, dass die Altstadt in der Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Sie denken, Havanna sei idyllisch und würde so aussehen wie in den 1950er Jahren? Diese Stadt sieht aus wie vor 500 Jahren! Aber sie hat auch etwas Modernes: In den Fotos unten sieht man zum Beispiel einen alten Mann im Anzug – in Pantoffeln mit der US-Flagge – Kartoffeln schälen; ein anderer wäscht Wäsche per Hand in einer Wanne, mit Wasser aus einem Wasserhahn; man sieht ein Mädchen, das Trommeln verkauft; ein Handwerker arbeitet an seiner Ware, während er einen Film auf seinem sorgfältig ausbalancierten Smartphone ansieht; und man sieht jemanden mit dekorativen Clips im Haar, die zum Verkauf stehen, und mit schickem Bluetooth-Gerät im Ohr…

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Und auch wenn alles interessanterweise für Touristen hergerichtet ist, hat man außer uns keine gesehen. Aber sie kommen hierher: Lijiang ist ein wichtiges Ziel im Land für die Chinesen selbst. Sie kommen in Tausenden, um authentische Lijiang-Speisen zu probieren, traditionelle Naxi-Tracht anzuprobieren, ein Tamburin von den Dongba-Schamanen zu kaufen und die vierstöckige Pagode zu erklimmen (die im Jahr… 1997 errichtet worden ist!).

Es gibt da eine Geschichte (wahr oder nicht wahr), dass Deng Xiaoping gefragt wurde, was seiner Meinung nach das Erbe der Französischen Revolution sei, und er geantwortet habe „es ist zu früh, das zu beurteilen; die Zeit wird es zeigen“.

Diese Geschichte zeigt, wie alt und mächtig China – sowohl das Land als auch die Zivilisation – ist, so dass es einen anderen Zeitbegriff hat, den Ausländer komplett missverstehen, und es damit fähig ist, Dinge mit der reichen Erfahrung von Jahrtausenden zu beurteilen.

Aber in  Lijiang hatte ich den Eindruck, dass China ganz modern ist. Mädchen in kurzen Röcken, Fotos, die mit dem iPad gemacht werden, überall Selfie-Sticks, Cafés am Straßenrand… sogar Colonel Sanders ist überall präsent. Die Globalisierung funktioniert auch hier in China – nur ein bisschen anders: ohne Facebook oder Google, und nun auch ohne Instagram, das nach den Protesten in Hongkong verboten wurde. Die Globalisierung bringt auch die englische Sprache nach China, obwohl ich davon nicht viel gesehen habe: Sogar mit meinem nicht so schlechten Englisch habe ich mich noch nie irgendwo so unfähig für die Kommunikation einfacher Dinge gefühlt!

Wenn es insgesamt doch sehr (chinesisch) touristisch ist, ist es dennoch ein sehr interessanter Ort – in einem sehr interessanten Land. Ich bin nicht sicher, ob ich jemals nach Lijiang zurückkommen werde, aber ich bin glücklich, dass ich dort war. Es hat mir geholfen, mein Bild von China zu ändern, so dass es nun… menschlicher als das typische China-Bild der meisten Ausländer sein müsste, die noch nie in China waren (so wie auch bei mir vor einer Woche!).
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Alle Fotos aus Lijiang gibt’s hier.

Und das war’s aus China, Leute! Bis bald, aus…