8 Nov 2016
Brammen mögen’s heiß
Hallo Leute!
Ich erzählte Ihnen bereits, dass das Stahlwerk Novolipetsk Steel gigantisch ist, nicht wahr? Also macht es Sinn, dass mein Bericht und die Fotos dazu nicht in einen einzigen Post passen. Daher – Sie erraten es – kommt hier der zweite Teil!…
Nun gut. 15 Millionen Tonnen Stahl – das ist genau wie viel? Ich meine, kann sich das der durchschnittliche Homo Sapiens vorstellen? Okay – hier kommt mein Versuch zur Quantifizierung der Massen…
Nun, sehen Sie den hellorangenen Block auf dem folgenden Foto? Er nennt sich – können Sie sich das vorstellen? – Bramme, und wiegt zwischen 25 und 35 Tonnen. Daher wären 15 Millionen Tonnen Stahl…
…~500.000 solcher Brammen. Eine halbe Millionen. Das können Sie sich immer noch nicht so richtig vorstellen? Ich versuche etwas anderes:
Ein Würfel Eisen wiegt 7,87 Tonnen (Stahl wiegt 7,85; d. h., ungefähr das gleiche. Für diesen Zweck ist der Unterschied irrelevant). Also wären 15 Millionen Tonnen ca. 1,9 Millionen Kubikmeter. Und das wäre ein riesiges Stück Stahl: 100 Meter breit, 100 Meter tief und 200 Meter hoch. Und das wäre wie ein 50-stöckiges Hochhaus aus solidem Stahl. Oder ein 125 x 125 x 125 Meter großer Würfel. Können Sie sich jetzt ein Bild machen?
Nur für alle Fälle – lassen Sie es uns anders betrachten:
1,9 Millionen Kubikmeter könnten auch ein langer quadratischer Balken sein, mit einer Höhe und Breite von einem Meter… 1.900 Kilometer – wie von Gibraltar nach Paris (über die Straßen, keine Luftlinie!). 1.900 Kilometer Stahl kommt jährlich aus dem Stahlwerk Novolipetsk Steel, was durchschnittlich… so mein Taschenrechner… 216 Meter pro Stunde wären!
Oder!…
…Versuchen wir es in Güterwagons! Wenn ein Wagon 15 Meter lang ist und 70 Tonnen Last fasst, würde eine jährliche Produktion auf 214.000 Wagons hinauslaufen, d. h., einen Zug mit einer Länge von 3.200 Kilometern! Darauf bin ich zumindest gekommen, und ich denke nicht, dass ich mich irgendwo verrechnet habe…
// Eine besondere Abschweifung: all dieses Heavy-Metal-Gerede machte mich nachdenklich: was ist das schwerste Metall? Das Internet behauptet, dass es einen Gleichstand zwischen Osmium und Iridium gibt. Ein Kubikmeter davon wiegt dreimal mehr als Stahl, d. h. 22,6 Tonnen! Aber diese zwei Metalle sind extrem selten. An dritter Stelle kommt das ebenfalls seltene, aber viel weniger seltene Platin, von dem ein Kubikmeter 21,45 Tonnen wiegt!
Und was ist das leichteste Metall, das dem Menschen bekannt ist? Das ist Lithium, das zweimal leichter als Wasser ist! So leicht, dass es auf Wasser treibt. Ich schätze, es wäre gut, um Schiffe daraus zu bauen :). Das teuerste Metall: Californium; jedoch kommt es nicht in der Natur vor. Das teuerste natürliche Metall ist Rhodium.
Nun, wo war ich stehengeblieben?…
…Ich bin mir nicht ganz sicher, aber kommen wir zurück zur Wuchtigkeit.
Die Anlage hat die Größe eines ganzen Stadtviertels (oder zwei), mit ihrem eigenen Transportsystem, Infrastruktur und einem endlosen Netz aus Rohren, durch die unterschiedliches Material von einer Werkhalle zur anderen transportiert wird. Als ich fragte, ob es jemanden gäbe, der die gesamte räumliche Anordnung des Komplexes kennen würde, gab es ein knappes: „Nein!“. Jedes Glied in der Kette macht seinen Teil und überlässt den anderen ihren Teil.
Hier haben wir den Bus des Komplexes zwischen zwei Haltestellen und laut Fahrplan ist er sogar pünktlich. Besser als mehrere Kilometer von einem Ende zum anderen des Komplexes zu laufen.
Im ersten Teil unserer Exkursion ging es zum Hochofen Rossiyanka, dem Sahnehäubchen hier.
Es stellt sich heraus, dass es sich um ein recht modernes Sahnehäubchen handelt – es wurde im Jahr 2011 das erste Mal in Betrieb genommen. Es ist auch so, dass es der einzige Hochofen ist, der in Russland zu postsowjetischen Zeiten gebaut wurde. Tatsächlich ist es der einzige Hochofen dieser Größenordnung, der in ganz Europa seit 1991 gebaut wurde.
Wie alles hier, ist auch Rossiyanka gigantisch – 108 Meter hoch. Er ist rund um die Uhr in Betrieb, „frisst“ ununterbrochen und gibt auch ununterbrochen Eisen aus.
Außerhalb des Hochofens ist die Luft reiner und riecht weniger, da sie hier Ökologie sehr ernst nehmen (mehr dazu in einem Weilchen). Aber im Inneren ist es eine ganz andere Angelegenheit: das unmissverständliche „Aroma“ von Eisen- und Stahlschwerindustrie; so ein intensives „Bouquet“ – dass man es beinahe auch schmecken kann.
Da der Hochofen sehr modern ist, gibt es keine Möglichkeit, die eigentliche Eisenproduktion zu Gesicht zu bekommen. Alle gefährlichen Produktionsprozesse werden von speziellen Gehäusen umhüllt und gleichzeitig kontrolliert. Der einzige Prozess, den Sie sehen können, und das aus der Ferne, ist das Eisen, das in ein langes Becken gefüllt wird. Dann wird das Eisen zu einer anderen Werkhalle gefahren, wo es zu Stahl wird. Offensichtlich spielen Fabriksteuerungen in allem eine wichtige Rolle.
Und natürlich könnten wir keinen ununterbrochenen Schwerindustrieprozess haben, ohne den unausweichlichen großen roten Knopf, habe ich nicht Recht? Und hier ist er:
Neben Rossiyanka befindet sich Hochofen Nr. 6, aus dem Jahr 1978:
Das Highlight auf unserer Tour war die Warmwalzenwerkhalle. Hier kriecht (und spurtet dann!) ein konstanter Strom aus abkühlenden Stahl die Schiene entlang, der dann in Brammen geschnitten wird, was dann wiederum zu geplätteten Stahlplatten wird. Hier kommen einige Fotos davon!…
Die Temperatur einer Bramme beträgt ca. 1.000°С.
Die heiße Bramme bahnt sich ihren Weg von einem Ende der Halle zum anderen, während sie durch verschiedene Pressen läuft, abkühlt und dabei immer dünner wird…bis sie so breit wie dünner Teig ist! Hier haben wir zwei Pressen:
Und hier sind zwei… „Nudelhölzer“:
Wenn das Blatt einmal sehr dünn ist, bewegt es sich viel schneller…
Der Grund dafür, warum die Geschwindigkeit mit der Zeit erhöht wird, ist, dass die Tonnen pro Meter konstant bleiben müssen. Wenn also eine Bramme dünner wird und nur noch die Hälfte des Gewichts/der Größe hat, wird sie auch doppelt so schnell fließen. Zu Beginn laufen die Brammen sehr langsam, wobei die Blätter gegen Ende mit über 15 Metern pro Sekunde über die Schienen geschossen werden (soweit ich mich daran erinnere, was uns unser Guide erzählte).
Hier haben wir ein Blatt, das von einer Presse zur anderen fliegt!
Als nächstes – eine andere Presse und dann wird sie mit Wasser abgekühlt.
Die Werkhalle und das Walzwerk sind enorm – 1.200 bzw. 800 Meter lang.
Eine Bramme läuft von einem Ende der 800 Meter langen Rolle zum anderen in nur vier Minuten.
Inzwischen geht unsere Exkursion weiter. Wir hören unserem Guide aufmerksam zu und versuchen, Zahlen und Fakten im Gedächtnis zu behalten, während wir fleißig weiterknipsen.
Das Ende des Walzwerks.
Hier wird der dünne „Teig“ ausgerollt:
Das Gewicht der Walze beträgt zwischen 25 und 36 Tonnen, abhängig von der Funktion. Die Länge einer Rolle liegt bei ca. zwei Kilometern.
Noch immer rot glühend:
Die fertigen Rollen werden abgeladen und entweder zu einer anderen Werkhalle zur Weiterverarbeitung geschickt oder gehen nach draußen zum Verkauf. Eine Rolle kostet ungefähr eine Millionen Rubel (14.200 €).
Der ganze Prozess ist automatisiert; wir sahen kein einziges Mitglied des Kontrollpersonals in der Nähe der Produktionsprozesse – nur wir Touristen :).
Also da haben Sie es – eine Weltklasse-Werkhalle, die warmgewalzten Stahl produziert. Etwas ungewöhnlich Interessantes, über das man etwas lernen kann. Jetzt ist mein Wissen zu gewalzter Metallproduktion besser als zuvor. Ich empfehle jedem, auch seins zu verbessern – sollten Sie jemals nach Lipezk kommen :).
Und als nächstes…Sie werden es nicht glauben…
Schwanensee!
Können Sie sich vorstellen, auf welche Art genau? Jetzt nicht im Internet nachschauen!…
Bis morgen, Leute!…