Blut der Erde

Wenn Sie bei einer Suchmaschine den Begriff „Blut der Erde“ eingeben, werden Sie wahrscheinlich lesen, dass damit Erdöl gemeint ist. Glauben Sie kein Wort. Das Blut der Erde sieht in Wirklichkeit so aus:

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka0

Es ist April, wir sind wieder einmal auf der Kamtschatka-Halbinsel und schauen uns den ausbrechenden Tolbachik-Vulkan an – ein langes Wochenende. Für ein langes Wochenende ist das ganz schön weit weg, aber für mich und meine Crew war es die lange Anreise auf jeden Fall wert.

So, jetzt aber direkt auf den (Lava-)Punkt…

Durch frisch abgekühlte (schwarze) Lava fließen hier knisternde (hellrote) Ströme flüssiger Lava, die etwa 10 Meter breit sind. Manchmal werden die Lavaströme blockiert und bilden rote, heiße Lava-Seen. Die Lava ist zäh, dickflüssig, klumpig, schwerfällig und… eindrucksvoll! Manchmal stößt sie auf große Felsen und sucht sich einen neuen Weg. Dann wieder versteckt sie sich unter einer äußeren, bereits erkalteten Hülle und sprudelt auf einmal durch einen ‚Tunnel‘ an die Oberfläche. Die sich windenden roten Lavaschlangen sind wirklich recht gruselig (he, hey!) – wie sie hier Wasserfälle bilden, und dort schwarze Inseln… Dann schiebt sich die rote Masse weiter hinunter, wo sie eindickt und zu seltsamen kleinen Hügeln erstarrt, die sich weiter hinunter schieben, angetrieben vom Lavafluss.

Die Szenerie hat etwas hypnotisches; vor allem nachts, wenn die glühende Lava und die roten, heißen Felsen noch heller leuchten. Am Tag sehen die Lava-Felder vor allem schwarz aus, doch bei Nacht sind sie von hellen roten Flüssen durchzogen und mit hellen roten Flecken übersät.

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka01Extreme Erde: ihr kühlster Niederschlag und ihre heissesten Emissionen, Seite an Seite

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka02

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka03

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka04

Es muss nicht extra gesagt werden, dass die Lava extrem heiß ist. Man kann nur etwa zwei bis drei Meter herangehen – nicht näher. Wirklich überraschend ist, dass die Lava recht fest ist – wird ein Stein hineingeworfen, gibt es keinen Spritzer und er versinkt auch nicht, wie man es vielleicht erwarten könnte; er prallt mit einem dumpfen Schlag auf der Oberfläche der Lava auf, rollt ein bisschen und wird dann auf der Oberfläche des Lavastroms mitgerissen.

Ein sengender, tiefroter, weicher Fluß. Recht schaurig anzusehen.

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka05

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka06

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka07Ich glaube, das ist Ballantine’s

tolbachik-lava-kamchatka-cool1

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka2

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka3

tolbachik-lava-kamchatka-cool2

tolbachik-lava-kamchatka-cool3

tolbachik-lava-kamchatka-cool4

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka4

tolbachik-lava-eruption-kamchatka-boots

Die aktuelle Eruption kommt aus einem Seitenkrater, irgendwo hier:

kamchatka-tolbachik-summer-wallpaperEin Bild von mir, als ich vor fünf Jahren am heutigen Epizentrum stand

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka5Und so sieht es genau dort heute aus!

Der Vulkan donnert wie… wie ein Thor-ähnlicher Gigant, der mit einem gigantischen Vorschlaghammer auf eine Metallplatte von der Größe eines Olympia-Stadions hämmert. Und dann seufzt er wie… ein Elefant von der Größe eines Olympia-Stadions!

Aus dem Schlund des Kraters werden laufend Felsen gespuckt, deren Größe schwer abzuschätzen ist. Aber wenn man von ihrem Aufprall auf dem Boden ausgeht – würde ich sagen, sie haben etwa einen Meter Durchmesser.

Am besten sieht man sich das Feuerwerk bei Nacht an – denn wie auch bei der Lava, sind die fliegenden Felsen am Tag schwarz, bei Nacht aber glühend rot, gelb oder orange (allerdings schafften wir es weder mit unserer Erfahrung noch mit unserer Ausrüstung, vernünftige Nachtaufnahmen zu machen).

tolbachik-eruption-kamchatka

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka6

tolbachik-eruption-volcano-lava-kamchatka7Fliegende Felsen

Der aktive Krater des Vulkans ist etwa 2.000 Meter über dem Meer. Sie können sich also vorstellen, dass es hier um diese Jahreszeit ganz schön kühl wird – bis zu -20 Grad in der Nacht. Am Tag wird es etwas wärmer, aber es weht ein sehr stürmischer Wind, der manchmal so unerträglich wird, dass man meint, er bläst direkt durch einen hindurch.

Wenn Sie also überlegen, hierher zu kommen, um den Ausbruch selbst sehen zu können – nehmen Sie richtig warme Klamotten mit und ein passendes Zelt für extreme Bergtouren. Und Stiefel mit dicker Außensohle – die schmelzen nicht so schnell 🙂

tolbachik-set-up-camp

tolbachink-set-up-camp

tolbachik-camp-kamchatka

Und nehmen Sie einen Koffer voll Geld mit. Denn zum Krater und den flüssigen Lava-Strömen kommen Sie nur per Helikopter. Und natürlich sind die Gebühren in die Höhe geschossen – genau wie die Lava. Oder Sie versuchen, per Anhalter mit einem der zahlreichen Vulkanisten, die zum Krater wollen, mitzukommen.

Vergessen Sie auc h nicht, genügend Nahrungsmittel mit zu nehmen. Wenn das Wetter schlecht wird und schlecht bleibt, können Sie hier für mehrere Wochen festsitzen – wie ein paar unerschrockene russische Fotografen, die wir hier getroffen haben, herausfinden mussten (aber dazu im nächsten Tolbachik-Beitrag mehr – demnächst…). Es ist ganz normal, zwei Wochen an einem vulkanischen Berg warten zu müssen, bis der Himmel wieder aufklart, so dass die Helikopter wieder fliegen können. Aber selbst, wenn ein Helikopter hochfliegen und landen kann, wechselt das Wetter oft so schnell, dass Sie dann zusammen mit dem Hubschrauber festsitzen. Das ist uns auch passiert.

man-helicopter-photo

kamchatka-helicopter

Hier oben wird es so kalt… es ist wie in einer Gefriertruhe. Am besten sind also Salo, Schokolade und Wodka (für Uneingeweihte: Wodka sollte immer im Gefrierschrank aufbewahrt werden :). Und man sollte genügend Wasser dabei haben. Der Schnee hier darf nicht verspeist werden – er ist mit Schlacke und Asche vermischt und deshalb giftig.

Und nun ein paar Kamtschatka-Besonderheiten im Winter-Modus: Kizimen, Karymski, und Semyanchik – mit seinem Säure-See, der immer wieder seine Farbe ändert; vor sechs Jahren war er türkis, dann wurde er hellgrau, dann fast weiß und heute ist er grau mit gelben Schwefel-Streifen.

kizimen-volcano-winter-snow-kamchatka

kamchatka-snow-winter-volcano-kizimen2

kamchatka-snow-winter-volcano-kizimen

kamchatka-snow-winter-helicopter

kamchatka-winter-sunset

Das Tal der Geysire war komplett eingeschneit, deshalb konnten wir dort nicht viel herumwandern. Die Sicht ist hier im Winter zudem recht schlecht, da überall Dampf aufsteigt. Wir haben es geschafft, zum Velikan-Geysir (Gigant) zu kommen, als er gerade ausbrach (das passiert alle sechs bis acht Stunden), allerdings war der Ausbruch in Dampf gehüllt, so dass wir nicht viel davon gesehen haben.

kamchatka-snow-winter-house

kamchatka-geyser-valley-winter-snow

Kamtschatka-Schnee beim Paratunka (unserem Hotel). Zufälligerweise hat so ziemlich jedes Hotel in der Region seinen eigenen natürlichen Thermen-Pool. Sehr schön!

kamchatka-winter-snow-house2

kamchatka-winter-snow-house3

kamchatka-winter-snow-hot-pool

Alles in Allem eine durch und durch aufregende kleine Expedition. Ich empfehle Ihnen, sowas ähnliches mal zu machen. Ein Vulkanausbruch und die Lavaflüsse – das muss man gesehen haben.

waiting-for-flight-to-tolbachik

aeroflot-flying-over-kamchatka

P.S. Am 1. April brachten die lokalen Kamtschatka-Nachrichten die Meldung, dass die Lava des Tolbachik Diamanten enthalte.

P.P.S. Einige atemberaubende Tolbachik-Fotos finden Sie hier.

P.P.P.S. Meine anderen Geschichten aus dem Kamtschatka-Wald finden Sie hier.

Den Rest der Fotos gibt’s hier.

 

Kommentare lesen 0
Hinterlassen Sie eine Nachricht.