SOPA-Schwindler

–       Oder: Warum wir uns entschieden haben, aus der BSA (Business Software Alliance) zutreten.

Hallo zusammen!

Ende 2011 wurden die US-Blogger von dem neuen Gesetzentwurf H.R. 3261 aufgeschreckt, dem „Stop Online Piracy Act“, kurz SOPA genannt. Diskussionen über das Thema waren, um es mild zu formulieren, sehr offen, mit Kommentaren wie „Diese Idioten haben es auf dein Internet abgesehen!“ (siehe diesenBeitrag).

Was ist SOPA?

Es ist Unterstützung für und Weiterentwicklung von etwas, das momentan sehr wichtig ist: der Schutz intellektuellen Eigentums. Meine Damen und Herren, das ist wirklich wichtig! Die Bibel sagt „Du sollst nicht stehlen!“ Ein Autor – und noch häufiger ein ganzes Team- verbringt schlaflose Nächte, um ein Buch zu schreiben, Musik zu komponieren, einen Film zu drehen, Software zu programmieren oder Software zu testen. Verdient das nicht eine Belohnung? Schon, oder? Denken Sie darüber nach, bevor Sie antworten. Jemand könnte Sie das gleiche über Ihren Beruf fragen. Na?

Autoren und Kreativteams sollten geschätzt, geschützt und dabei unterstützt werden, mehr Meisterwerke zu erschaffen. Daher haben die US-Gesetzgeber klargestellt, dass SOPA ihre Priorität ist und viele Interessengruppen unterstützen das Gesetz, inklusive der BSA. Das Gesetz kann wie folgt zusammengefasst werden:

Nach der Entscheidung eines US-Gerichtshofs sollte jeder der das US-Urheberrecht verletzt durch alle Suchmaschinen, ISPs, Kreditkartensysteme und anderen Möglichkeiten vom Internet abgeschnitten werden – ohne Ausnahme.

Der Begriff „Urheberrechtsverletzung“ wird hier im weitesten Sinne verstanden: Ein Amateurfilm mit Zitaten eines urheberrechtlich geschützten Drehbuchs oder Soundtracks würde genau so dafür in Frage kommen wie ein Heimvideo wo „Kung Fu Panda“ auf einem Fernseher im Hintergrund läuft. Ein paar andere nette Beispiele finden Sie hier. Jede Art der Nutzung „intellekten Eigentums“ wird als Verletzung angesehen und führt zur Schließung eines Blogs oder einer ganzen Webseite führen.

Mehr Details.

Was mich daran stört, ist die totale „amerikanisierung“ dieses Internetgesetzes. Natürlich ist das eine Frage der Gewohnheit. Jeder Staat sollte natürlich, in erster Linie an seine eigenen Bürger und deren Interessen denken, und an seine eigenenen Erfinder, Entwickler und Hersteller sowie seine Wirtschaft. Aber in diesem Gesetz werden die Interessen nicht-Amerikanischer Autoren/Urheber überhaupt nicht geschützt, während die Nationalität der Straftäter keine Rolle spielt.

Das bedeutet, dass die Rechte von nicht-Amerikanern verletzt werden können, wie, wann und wo man will. Aber US-Interessen müssen international anerkannt werden. Die „mir-egal-Einstellung“ funktioniert aber nicht – denn schauen Sie sich die Liste der DNS-Server an: Alle stehen in den USA oder in USA-freundlichen Gebieten. Jawohl: Peitsche und Zuckerbrot liegen in Amerika.

Nationale Interessen sind nur ein Teil des Problems. Das traurige an der Sache ist, dass dieses Gesetz auch im Rest der Welt einführt werden wird, dank Institutionen wir der BSA, die SOPA blind unterstützt, und alle anderen Sichtweise ignoriert. Wir mussten aus dieser Institution austreten, weil wir mit ihrer Entscheidung nicht einverstanden waren. Hier der Grund.

Wenn wir dieses Gesetz akzeptieren, werden hunderte von Anwälte aus dem Unterholz hervorkriechen, weil praktisch jede Website beschuldigt werden kann, das Urheberrecht zu verletzen! Dieses Gesetz wird zu einer riesigen legalen Erpressungsaktion werden. Auf das Internetgeschäft kommen harte Zeiten zu – schauen Sie sich die an, die bei SOPA nicht mitmachen wollten: eBay, Facebook, AOL, Google, LinkedIn, Mozilla, Yahoo, Wikimedia, etc. Und die Liste der Unterstützer? Nun, da gibt es die bereits erwähnte BSA (Apple, Microsoft, SAP, Symantec und andere Software-Entwickler – diesmal ohne uns – sind hier Mitglied) und noch diese Unterstützer:

die RIAA – Recording Industry Association of America und
die MPAA – Motion Picture Association of America.

Daher stammt SOPA also.

Und jetzt die Hauptbotschaft:

1. Ich bin gegen Piraterie. Ich finde die unautorisierte Nutzung intellektuellen Eigentums inakzeptabel, besonders für gewinnsüchtige Zwecke.

2. Aber wenn man mich weiterhin dazu zwingen will, Musik auf CD oder Filme auf DVD zu kaufen, werde ich aufhören, ein Feind der Piraten zu sein.

Ein Freund von mir hat es gut zusammengefasst: „Es gibt einen interessanten Film auf Torrent. Wenn ich ihn runterlade, bin ich ein Krimineller. Wenn ich es nicht tu, bin ich ein Idiot“. Gesetze wie SOPA teilen die Welt in Kriminelle und Idioten auf. Vor langer Zeit wurde aus einer Schallplatten-Welt ein Netwerk (für die, die sich nicht mehr erinnern: Vor vielen Jahren wurde Musik auf so genannten „Schallplatten“ veröffentlich, die so groß waren wie Autoräder.)

Es ist also keine gute Idee, Regeln der alten Schule, die für Schallplatten galten, jetzt auf die Internetzeit zu übertragen.

Vor langer Zeit hatte intellektuelles Eigentum (gerechtfertigterweise) einen hohen Preis. Es war einmal, als die Produktion (die Tränen, der Schweiß und das Blut der Autoren), die Vervielfältigung, der Transport, der Vertrieb und der Verkauf von Filmen, Videos, Büchern und ähnlichen Produkten richtig teuer waren. Nun kostet Vervielfältigung und Versand gar nichts. Heute brauchen der Autor und der Nutzer/Käufer keinen altmodischen Mittelsmann mehr! Und wie viele Mittelsmänner gibt es zwischen Bloggern und Lesern? Null.

Die Mittelsmänner sind überflüssig geworden. Nun werden sie sich überlegen müssen, wie sie ihr Geschäft umwandeln, um in der nahen Zukunft nicht vollkommen auszusterben – anstatt zu versuchen, das Internetgeschäft wieder zurück in die Schallplattenzeit zu holen.

Film, Audio, Software und andere „intellektuellen“ Industrien durch SOPA zu schützen, ist wie den E-Mail-Versand wie den Staatspostdienst zu versteuern, oder Skype dazu zu zwingen, die gleichen Gebühren zu verlangen, wie Telefongesellschaften. Es ist als ob Urheber, wie sie es in Russland versucht haben, einen Anteil an jeder Blanken DVD und jedem Speicher-Stick verlangen würden, falls jemand das Ding benutzt, um einen Film oder ein Lied darauf zu speichern, anstatt Familienfilme und Fotos.

Schwachsinn? Vollkommen. Das ist absoluter und kompletter Nonsens aus der Ära der Dinosaurier – und wir wissen, dass die Dinosaurier Gehirne von der Größe einer Erbse hatten.

Gleichzeitig bin ich nicht dafür, dass „alles frei für alle“ ist. Autoren müssen sich nicht nur auch etwas zu Essen kaufen können, sie brauchen auch Geld um ihre Produkte zu produzieren. Dieses intellektuelle Eigentum, das manchmal eine kostenorientierte Sache ist (das Budget für eine Filmproduktion oder eine Softwareentwicklung kann zum Beispiel mehrere Hundert Millionen Dollar betragen).

Ich glaube, dass die Dinge so arrangiert werden müssen, dass:

  • Nutzer schnell das finden können, was sie wollen, und es sofort kaufen können (iTunes ist ein gutes Beispiel)
  • Es nicht das Urheberrecht verletzt
  • Und die Mittelsmänner… sollten sich mit SOPA verziehen.

Das Zeitalter des Internets hat keinen Platz für die Überreste der vergangenen Tage der Schallplatten, die Lichtjahre von unseren heutigen Technologien, Nutzerbedürfnissen und der Realität entfernt sind. Nur weil dieser alte Geschäftsstil sich nicht ändern kann oder will, versucht er, den Internetmarkt mit der Hilfe von SOPA und ähnlichen Vorstößen, ein frühes Ende zu setzen.

Die Welt hat sich verändert. Und die alten Regeln funktionieren nicht mehr. Wir müssen neue Modelle für den Vertrieb kreativen Inhalts finden, was – nebenbei bemerkt – Apple/Google bereits getan haben und für uns testen. Dafür zu werben, in die Jurassic-Urheberzeit zurück zu kehren, ist wie einem toten Patienten eine Bluttransfusion zu verpassen, und dabei das Leben des Blutspenders aufs Spiel zu setzen. Regierungen sollten über frische und neue Geschäftsmodelle nachdenken, und nicht alte schützen.

Mein Standpunkt kann wie folgt zusammengefasst werden:

  1. SOPA sollte der Garaus gemacht werden
  2. Die Dinosaurier sollten in den Ruhestand geschickt werden
  3. Inhalte sollten auf neue Arten vertrieben werden, zum Beispiel so:
  • Geringe Qualität ist kostenlos. Nimm so viel du willst (zum Beispiel als Werbung)
  • Mittlere Qualität sollte schnell und billig erhältlich sein
  • Hohe (professionelle) Qualität – ist teuer

Es gibt bereits Bewegung in die Richtung des letzten Punkts, zum Beispiel bei iTunes. Einige Studios verteilen bereits auch Produkte mit geringer Qualität für Werbezwecke.

Dies ist die Geschichte über die Abenteuer der jungen Menschen im Internet und wie sie im jurisitischen Labyrinth der SOPA feststecken.

Und hier ist nun einer der berüchtigten urheberrechtsverletzenden Clips, der von den Medienindustrie-Dinosauriern bedroht wird. Der erste Link wurde bereits gelöscht, aber hier ist ein neuer:

Und der letzte Kommentar gilt meiner Firma und ihrem Geschäft im Lichte des oben beschriebenen. Eine Antivirus-Lösung ist kein Produkt, sondern eine Dienstleistung. Die Software funktioniert dank Updates und daher kratzt es mich wenig, wie ein Nutzer unsere Software erhält: Auf einer CD in einem Karton oder direkt aus dem Netz… doch eine Diskussion über Dienstleistungsmodelle würde diesen Post sprengen.

So, das war’s Leute. Bis zum nächsten Mal!

UPDATE: Weird-Al Yankovic über Filesharing:

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