2 Jul 2015
In Kimberley, Australien. Teil 5.
Es ist an der Zeit, uns von all den Dingen an Land zu all den davor liegenden Dingen zu bewegen – zu den attraktiveren Küstenabschnitten. Schließlich wurde uns gesagt, dass die reizvollste Natur in Kimberly an oder in der Nähe der Küste liegt.
Von Broome (der „Hauptstadt“ der Region, unser Basislager) ist das nächstgelegene Stückchen Meereswahnsinn oben am Buccaneer-Archipel, knapp 250 Kilometer entfernt.
Was für ein Ort! Unzählige Inseln, Holme, Klippen, Meerengen, Buchten, ein fast türkiser, tropischer Ozean und unmögliche Horizonte. Laut Wikipedia gibt es hier über 800 Inseln. Aber ich verstehe nicht, wie diese exakt gezählt werden können, denn kleine Inseln, die bei Ebbe auftauchen, verschwinden bei Flut wieder…
Unsere Reiseleiter haben uns erzählt (und Wiki bestätigt das), dass die Klippen hier über zwei MILLIARDEN Jahre alt sind! Zu der Zeit war alles Leben auf der Erde noch auf Einzeller beschränkt, aber diese Felsen waren bereits da!! (Generell ist die geologische Geschichte der Erde ein faszinierendes Thema!).
Aber die Hauptattraktion hier…: die Horizontal Falls.
Dieses einmalige Phänomen ist nicht einfach eine Reihe von Wasserfällen, sondern eine Besonderheit, die durch die extremen Gezeiten mit einem Höhenunterschied von 12 Metern entsteht. Das sorgt dafür, dass das Wasser bei Flut durch zwei enge Schluchten in den benachbarten See stürzt und bei Ebbe wieder zurückfließt. Weil die Schluchten so eng sind, sieht das Ganze aus wie ein Wasserfall, nur horizontal. Bizarr!
Sehen Sie selbst:
Leider war unser Timing unglücklich. Wir sind angekommen, als wenig passiert ist – kein Gezeitenspiel, das einen Sturzbach erzeugen würde. Pah. Sie könnten sagen, wir haben die Horizontal Falls überhaupt nicht gesehen. Und Sie hätten Recht. Schluchz.
[Immer noch schluchzend]… Aber zumindest wissen wir jetzt, dass es am besten ist, nicht mit dem Flugzeug, sondern mit einem Schiff, Boot oder Wasserflugzeug herzukommen und dann auf Flut oder Ebbe zu warten, um das volle Spektakel zu sehen. Und das am besten, wenn die Gezeiten die höchsten und niedrigsten Wasserstände erzeugen: bei Neumond oder Vollmond. Der Mond ist hier der Schlüssel: Er, und er alleine, entscheidet über die Gezeiten – wie hoch, wie niedrig, wie schnell das Wasser steigt und fällt… Diese Welt Dieses Universum, stimmt’s? Einfach verblüffend. (NB: Falls Sie sich erinnern, diese Serie über Kimberley hat mit einem Mondthema begonnen, schön damit fort zu fahren :).
Wenn die Gezeiten eine Sturzflut erzeugen und der Mond entweder verdeckt or voll erleuchtet ist, sehen die Horizontal Falls folgendermaßen aus:
Nicht weit vom Buccaneer-Archipel entfernt – ungefähr 100 Kilometer westlich der Horizontal Falls – gibt es ein weiteres überwältigendes Meereswunder: Cape Leveque. Strände, Klippen und überaus grandiose Küstenansichten. Auch hier gibt es einzigartige Naturschauspiele, wie den Meereswasserfall von Tallon Island (hier).
Ein faszinierendes Phänomen! Eine großes „Becken“ aus Korallen, mit ungefähr einem Kilometer Durchmesser (an der breitesten Stelle). Auch hier spielen extreme Gezeiten (über zehn Meter) eine zentrale Rolle: Bei Flut wird das Becken mit Meerwasser gefüllt, das dann bei Ebbe über den Rand des Beckens fließt.
Absolut interessant. Faszinierend was Mutter Natur alles einfällt – wenn auch nur, um Touristen, die sich verlaufen haben, zu beeindrucken!
Übrigens, wir waren scharf darauf, auf dem Rand des Beckens zu wandern. Unsere Reiseleiter schienen aber strikt dagegen zu sein: „Krokos, Mann“ sagten sie zu uns. „Meeres-Krokos – die fressen dich im Ganzen!“ Wir haben uns das lange und gut überlegt, und nach viel Beratung haben wir uns schweren Herzens dafür entschieden, ihrem Rat zu folgen und uns nicht zum Beckenrand zu wagen. Macht aber nichts; es gab hier für uns noch viel mehr zu sehen…
…Zum Beispiel ein weiteres Phänomen zum Thema extreme Gezeiten…
Riesige Wassermengen füllen alle Kanäle zwischen den Inseln im King Sound, um dann wieder abzufließen. Aber von wie viel Wasser sprechen wir hier tatsächlich?…
…Nun ja, die Fläche des Sounds (= Golf) beträgt 100×50 = 5.000 Quadratkilometer. Multipliziert mit 10 Metern Gezeitenanstieg… Wow! 50 Kubikkilometer Wasser, wenn meine Rechenfähigkeiten zu dieser späten Stunde, in der ich diese Worte schreibe, mich nicht im Stich lassen. Und die Breite von 20 bis 25 Kilometer am „Hals“, durch den die ganze Masse fließt, ergibt ein Phänomen, das nicht von dieser Welt zu sein scheint: Das Wasser schießt an den Inseln vorbei, wirbelt in Strudeln hoch und spritzt als Schwall kreuz und quer, so dass es das Motorboot gefährlich zum Schwanken bringt: nichts Geringeres als eine nervenaufreibende Fahrt in schäumenden Stromschnellen. Leider ist das alles nicht fotografierbar.
// Es wäre interessant, hydroelektrische Spezialisten zu fragen: 50 Kubikkilometer Wasser, die sich hin und her bewegen – ist das wirklich ziemlich beeindruckend oder eine alltägliche Erscheinung?
Auch hier sind überall diese prähistorischen roten Felsen – solche, die über zwei Milliarden Jahre alt sind! Das übersteigt das Vorstellungsvermögen. All das kann nur langsam angesehen, berührt und „aufgenommen“ werden. Dann gibt der Verstand einfach auf, mehr zu verarbeiten, da er einfach nicht mehr kann.
Das Unvorstellbare macht man am besten immer vor dem Mittagessen. Danach ist ein bisschen Shopping der ideale Zeitvertreib.
Übrigens, man kann hier leicht einen Sonnenbrand bekommen, wenn man nicht aufpasst. Ich meine, man ist dann verbrannt zu einem Stück Kohle. Also schützen Sie sich, erhöhen Sie den Faktor – oder leiden Sie. Auf dem Wasser ist es am besten, seine Schwimmsachen zu tragen, oder wasserfeste Kleidung: Die Wellen sind hoch und es spritzt permanent Wasser aufs Deck.
Die restlichen Foto sind hier zu sehen.
Schon Kimberly-5? Ok, noch zwei weitere, dann kommt ein Thema, das noch mehr Spaß macht: detaillierte Updates zu meiner Liste der Orte, die man gesehen haben muss!…
Bis bald, meine Kängurus!