14 Mai 2020
Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 1: 1989-1991
Nachdem ich kürzlich einen Beitrag darüber geschrieben habe, dass wir in unabhängigen Tests seit jeher die Top-3 anführen, überkamen mich plötzlich nostalgische Gefühle. Zufällig viel auch der 20. Jahrestag des ILOVEYOU-Virus-Wurms in diese Zeitspanne: noch mehr Nostalgie und ein weiterer Beitrag! „Warum hier aufhören“, dachte ich mir. In diesem Beitrag folgt also noch mehr K-Nostalgie …
Zunächst drücken wir den Knopf „Zurückspulen“ (auf dem Kassettenrekorder der 80er Jahre) und machen Halt in den späten 1980er Jahren, als Kaspersky lediglich mein Nachname war.
Teil 1 – 1989-1991
Oktober 1989: Für mich das Datum, an dem ich meinen ersten „großen“ Schritt in meiner beruflichen Laufbahn gewagt habe. Datum, an dem ich den Cascade-Virus (Cascade.1704) auf einem Olivetti M24 (CGA, 20M HDD) in ausführbaren Dateien gefunden habe und neutralisieren konnte.
In Erzählungen wird normalerweise die Tatsache vertuscht, dass der zweite Virus nicht von mir, sondern von Alexander Ivakhin entdeckt wurde. Danach haben wir allerdings damit angefangen, Virensignaturen mit unserem Antiviren-Dienstprogramm (man konnte und kann es nicht wirklich als „Produkt“ bezeichnen) regelmäßig zu „zerlegen“. Viren traten immer häufiger auf (mehrere im Monat!): ich zerlegte, analysierte und klassifizierte sie und gab die Daten dann in das Antivirus-Programm ein.
Aber die Viren kamen immer wieder – neue Viren, die Computer gnadenlos zerstörten. Sie mussten beschützt werden! All das passierte ungefähr in Zeiten von Glasnost, Perestroika, Demokratisierung, Genossenschaften, VHS-Videorecordern, Walkmans, komischen Frisuren und der ersten Heimcomputer. Und wie es das Schicksal so wollte, war ein Freund von mir der Leiter einer der ersten Computergenossenschaften, und er lud mich ein, Viren auszurotten. Ich sagte zu …
Mein erstes „Gehalt“ war eine Schachtel 5″-Disketten, da ich damals moralisch einfach nicht dazu bereit war, Geld für meine Dienste zu nehmen. Kurz danach, Ende der 1990er Jahre oder Anfang 1991, konnte die Genossenschaft jedoch zwei tolle Verträge an Land ziehen – und auch ich verdiente daran eine (damals) ordentliche Summe Geld.
Bei dem ersten Vertrag ging es um die Installation von Antivirensoftware auf Computern, die von einer in Kiew ansässigen Genossenschaft aus Bulgarien in die UdSSR importiert wurden. Die bulgarischen Computer waren damals von Viren geplagt, die die Daten auf den Festplatten richtig durcheinanderbrachten; die Viren waren übrigens auch bulgarisch.
Der zweite Vertrag betraf die Lizenzierung von Antivirentechnologien in einem bestimmten MS-DOS-basierten System (das damalige Äquivalent zu MS Office).
Möchten Sie wissen, wofür ich mein erstes „richtiges“ Gehalt ausgegeben habe? Ich glaube, es war ein Videorecorder; übrigens eine totale Geldverschwendung. Ich hatte nie die Zeit, Filme zu schauen, geschweige denn Dinge aufzunehmen. Und auch meine Familie war kein besonderer Fan von Videos. Leider. (Übrigens: Ein guter Videorecorder kostete damals das gleiche wie ein anständiger gebrauchter Lada!)
Meine damals zweite Errungenschaft hat sich damals viel mehr gelohnt – mehrere Tonnen Papier für die Veröffentlichung meines ersten Buches über Computerviren. Übrigens: Kurz nach diesem Kauf kam es übrigens zur Pavlov-Reform, also war es gar nicht mal so schlecht gewesen, dass ich alle meine Rubel ausgegeben hatte – Tage später wären viele meiner 50- und 100-Rubel-Noten wertlos gewesen! Glück gehabt!
Mein Buch wurde im Frühjahr 1991 veröffentlicht. Leider ließen die Verkaufszahlen zu wünschen übrig – die meisten Exemplare verstaubten tatsächlich in einer Lagerhalle. Dennoch habe ich seitdem nirgendwo eine weitere Kopie gefunden, und selbst im K-Archiv gibt es nur eine einzige Kopie (wenn also jemand eines dieser wertvollen Exemplare besitzt – lassen Sie es mich wissen). Übrigens: Mir wurde damals von einer gewissen Natalya Kasperskaya bei der Vorbereitung des Buches immens geholfen. Sie überarbeitete das Buch immer und immer wieder und kümmerte sich gleichzeitig um ihre zwei kleinen Kinder.
Das ist das Bild meiner zweiten Veröffentlichung. Die einzige Kopie des ersten Buches befindet sich, wie bereits erwähnt, in unserem K-Archiv – und da wir die momentane Lage sehr ernst nehmen, kann ich Ihnen leider kein Foto meines ersten Werks zeigen.
Neben Büchern habe ich übrigens auch damit begonnen, Artikel für Computermagazine zu schreiben und gelegentlich Reden gehalten. Einer der Clubs, in denen ich einen meiner Vorträge hielt, verschickte Shareware auf Disketten per Post. Auf solchen Disketten erschienen übrigens auch die frühen Versionen unseres Antivirenprogramms „-V by doctor E. Kasperski“ (später als „Kaspersky“ bekannt :)) (zuvor waren Freunde und Bekannte die einzigen Benutzer des Antivirenprogramms).
Die Hauptunterschiede zwischen meinem Antivirus-Dienstprogramm und den Dienstprogrammen anderer (man kann diese leider nicht als „Produkte“ bezeichnen) waren folgende: Es hatte eine angemessene Benutzeroberfläche – im Pseudo-Grafikmodus von MS-DOS – der sogar (!) die Verwendung einer Maus unterstützte. Darüber hinaus enthielt es „Resident Guard“ und Dienstprogramme für die Analyse des Systemspeichers, um nach bisher unbekannten MS-DOS-Viren zu suchen (das war lange Zeit vor Windows).
Die älteste gespeicherte Version dieses Antivirus ist die -V34 vom 12. September 1990. Die Zahl „34“ ergibt sich aus der Anzahl der gefundenen Viren! Übrigens: Wenn jemand eine frühere Version hat – bitte lassen Sie mich auch das wissen!
Damals existierte der Antivirenmarkt in Russland noch nicht; es sei denn, Sie zählen Dmitry Lozinskys AV „Aidstest“ auf einer Diskette für drei Rubel dazu. Wir haben versucht, Verkäufe über verschiedene Computergenossenschaften oder Joint Ventures zu organisieren, allerdings waren wir nie wirklich erfolgreich.
Also musste ich in den Jahren 1990 und 1991 meine Rolle als eigenständiger Antivirus Analyst festigen; obwohl damals noch niemand von einer solchen Berufung gehört hatte. Meine Familie war ehrlich gesagt nicht gerade begeistert von der Idee, zumal die CCCP zu diesem Zeitpunkt gerade zusammenbrach und das Geld knapp war. Ja, es waren schwere Zeiten damals; aber umso interessanter!
Fortsetzung folgt.