Cybersicherheit: Wie alles begann – Teil 4: Die CeBIT.

Endlich ist der Sommer da. Es hat lange gedauert! Aber ich bin mir nicht sicher, ob es der Segen ist, der es normalerweise ist, da wir alle noch zu Hause sitzen und aus der Ferne arbeiten. Sicher, es gab hier und da „Erleichterungen“ auf der ganzen Welt, aber wir hier in K haben es nicht eilig, die Dinge… zu überstürzen. Ich denke, das gilt auch für andere IT-Unternehmen, die zumindest bis zum Herbst von zu Hause aus arbeiten werden. Einige haben sogar signalisiert, dass sie bis zum Ende des Jahres im Homeoffice verbleiben werden. Und natürlich werden immer noch Geschäftsreisen abgesagt, ebenso wie Ausstellungen und Konferenzen und die Olympischen Spiele und das Festival von Cannes und eine ganze Reihe anderer Großveranstaltungen. Die Grenzen einiger Länder verbleiben sogar bis heute geschlossen.

Also ja: Wir sind immer noch alle eingesperrt, dürfen nicht viel an die frische Luft und werden durch die Wohnzimmerluft ein bisschen verrückt. Zumindest geht es vielen so, da bin ich mir sicher. Es gibt andere, die all die zusätzliche Zeit nutzen und sich mehr bewegen als je zuvor, unglaublich! Ich bin irgendwo dazwischen. Ich habe manchmal genug von den lässigen Faulpelztagen, aber ich bleibe beschäftigt. Und dazu gehört auch, dass ich meine Archive abstaube und durchstöbere. Dabei finde ich immer wieder alte Fotos, die mich in liebevollen Erinnerungen schwelgen lassen (wie schnell sich doch die Welt verändert!) und mich zur Fortsetzung meiner Blog-Memoiren geführt hat! Hier Teil 4 der Cybersicherheit: Wie alles begann-Reihe:

Ja, diese Serie kombiniert Cyber-Nostalgie mit verschiedenen persönlichen und geschäftlichen Einsichten, die ich auf dem Cyber-Weg gesammelt habe und von denen ich hoffe, dass sie für einige nützlich oder für andere einfach interessant sind. Dementsprechend fahre ich heute hier mit Teil vier fort, und ich setze meine im dritten Teil begonnenen Erzählungen über die CeBIT fort…

Die CeBIT – Wir liebten sie! Es war einfach sooo neu und anders und einfach nur riesig!

Wir schreiben das Jahr 1992. Die Sowjetunion hatte gerade erst aufgehört zu existieren, aber das tägliche Leben war immer noch ziemlich „sowjetisch“, und die Dinge waren für die einfachen Leute sehr instabil, chaotisch und schockierend; ein Beispiel: Starke Spirituosen fragwürdiger Qualität wie Royal Spirit fanden einen Weg in russische Kiosken (neu aus den Niederlanden importiert; ursprünglich nie zum Trinken gedacht, aber angesichts des riesigen neuen Marktes (der sich ohne Einschränkung durch Verbraucherschutzgesetze im Osten öffnete), und das leider nicht ohne Opfer. Die Menschen litten an Alkoholvergiftungen und starben sogar, nachdem sie ihn getrunken hatten. Und wir kamen von diesem Ort der Instabilität und des Chaos und fanden uns im stabilen, geordneten, dekadenten Deutschland wieder, wo jahrhundertelang ununterbrochenen Kapitalismus und Konsumismus gelebt wurde.

Wie ich im dritten Teil bereits erwähnte: Es war wirklich ein Kulturschock! Aber nach einer Woche relativen Komforts im Westen haben wir uns irgendwie daran gewöhnt. Aber dann gab es einen zweiten Kulturschock als wir nach Moskau zurückkehrten! Die Unterschiede trafen uns dann umso mehr. Aber natürlich: Die Unterschiede waren nur allzu real; ein Beispiel: Familie und enge Freunde gaben uns Konservendosen, geräucherte Wurst und andere solche Dinge mit für die Geschäftsreise, damit wir unsere D-Mark (das war lange vor dem Euro) aufheben konnten, indem wir sie nicht für den Lebensunterhalt ausgaben, sondern für bessere Geräte wie z. B. einen Kassettenspieler, den wir mit nach Russland nehmen konnten, oder schicke Kleidung wie ein gutes Paar Levi’s oder so etwas ausgaben. Wenn man sich heute an all das erinnert, was damals fast schon ein Lebensstil war, kann man manchmal nicht ganz glauben, dass es real war. Die Welt von heute fühlt sich so an, als wäre sie ein anderer Planet, auf dem eine ganz andere Zivilisation lebt!

Ok, Kulturschock: überwunden. Aber wie kommt es, dass wir uns, so kurz nach der Geburt der „Russischen Föderation“ überhaupt auf der CeBIT wiederfinden? Schließlich waren wir ja noch nicht einmal ein Unternehmen, geschweige denn wichtig genug, um einen Stand auf einer weltweit führenden Ausstellung zu haben. Und auch Russland war gerade erst auf den Beinen. Nun, es gibt da eine Geschichte, die mir erst kürzlich von Alexey Remizov erzählt wurde, meinem früheren Chef bei KAMI, mein erster Arbeitgeber (jetzt I-Teco)…

Nachdem die UdSSR zerbrach, nahm sie viele sowjetische Ministerien und Komitees mit sich ins Jenseits, so dass an ihrer Stelle neue, russische Pendants gegründet werden mussten. Einer dieser neuen Behörden, die kurz vor unserer CeBIT-Reise gegründet wurde, war das Komitee für Infomatisierung des Kommunikationsministeriums, das schnell auf die Idee kam, auf der CeBIT einen Gemeinschaftsstand mit mehreren russischen IT-Firmen auf der CeBIT zu haben (darunter auch KAMI, wo ich seit Mai 1991 angestellt war). Buchstäblich nur wenige Wochen später waren wir in Hannover auf der internationalen Mega-Ausstellung. Eine ganze Woche lang, zeigten unsere verschiedenen technischen Produkte während wir uns neugierig auf der CeBit alles in Augenschein nahmen. Ja, es war ein seltsames Spektakel für uns. Aber ich bin mir sicher, dass viele der anderen Teilnehmer und Besucher der CeBit die russische Delegation für komisch hielten. Oh, und ich wollte gerade „Delegation russischer Startups“ schreiben, allerdings hätte man die Unternehmen wirklich so bezeichnen können: Damals gab es praktisch keine Investitionen in der russischen IT-Branche.

Da waren wir also… auf der CeBIT…

Ich habe dies bereits im dritten Teil angesprochen, aber hier sind noch ein paar weitere Details über… den MASSIVEN Umfang der Ausstellung. Sie war in mehreren, riesigen und vollen Hallen untergebracht, es gab Tausende von Ständen von Unternehmen aus der ganzen Welt und Hunderttausende von Besuchern (in der Hochsaison fast eine Million). Es war die größte Computermesse der Welt: Bei weitem größer als die Nummer zwei der IT-Messen, COMDEX, in Vegas. Das Spektakel wäre für einen erfahrenen West-ler, der seit Jahren mit Computern arbeitet, ziemlich unglaublich gewesen. Für uns war es einfach nur… überwältigend! (Ich meine, ich war auf ein paar Computer-Ausstellungen in Moskau gewesen, auf der Comtek zum Beispiel im Jahr 1990… die war aber im Vergleich zur CeBIT winzig).

Aber es waren nicht nur Leute wie wir, die in der Branche arbeiten und für die die Ausstellung warb, die zur CeBIT kamen. Es waren Rentner, Kinder… fast jeder war da, um einen Blick auf das Geschehen zu werfen… und um ein paar kostenlose Stifte, Blöcke und andere Werbegeschenke mitzunehmen („Staubsauger“ würden wir Besucher nennen, denn sie saugten praktisch alles auf, was nicht festgeschraubt war!). Schließlich war dies die Zukunft, und es war so hell, dass alle eine Brille tragen mussten. Nicht wie heute, wo wir so daran gewöhnt sind, dass die Technik im Stundentakt immer besser, größer, heller, schneller und umso außergewöhnlicher wird.

Ich erinnere mich zum Beispiel an die Weltneuheit auf der CeBIT: die erste schwarz-weiß- Digitalkamera! Die Qualität der Bilder, die sie aufnahm, war so schlecht, dass sie nach heutigen Maßstäben lächerlich war, und sie kostete auch einen Haufen Geld (1000 Dollar, wenn ich mich recht entsinne). Man fotografierte einige Freiwillige, übertrug das Bild auf einen Bildschirm, der mit einem primitiven Grafikeditor verbunden war, und editierte die Köpfe der Freiwilligen während das riesige Publikum applaudierte.

Es gab einen Stand eines internationalen IT-Konzerns mit einem Formel-1-Rennwagen (eigentlich hat sich dort nicht viel geändert, aber damals war es ein Novum😊). Eine Schaufensterpuppe schüttete den ganzen Tag Kaffee über eine Computertastatur, um die innovativen Vorteile einer wasserdichten Tastaturabdeckung aus Kunststoff zu demonstrieren. Es gab einen Saal, der den Start-ups gewidmet war und in dem alle Arten von Erfindungen und Innovationen gezeigt wurden… und es war alles da, eine ganze Woche lang.

Übrigens geschah das alles im Frühjahr 1992 – im Vor-Internet-Zeitalter, wie wir es heute kennen (die erste Webseite überhaupt war weniger als ein Jahr zuvor erschienen), und Jahre vor der Dot-Com-Blase.

Für die Besucher war das alles bestimmt toll und spaßig, aber für uns war es nichts anderes als harte Knochenarbeit: Non-Stop-Arbeit am Stand. Und das Ergebnis: Für de Katz! Keine neuen Kunden, keine Interessenten, gar nichts. Nicht, dass die Reise umsonst gewesen wäre. Es war unser erster Schritt, und er hat uns klar gemacht, dass wir in Zukunft wieder nach Hannover zurückmüssen, was wir (nach einigen Jahren, regelmäßig) getan haben. Das hat uns, auch wenn es ein steiniger und mit Umwegen verbundener Weg war, dorthin geführt hat, wo wir heute sind.

Während der Anfänge kamen aber jährliche Reisen zur CeBIT nicht in Frage: Wir hatten weder die Zeit noch das Geld für so etwas. Und außerdem waren wir uns sicher, dass weitere Reisen nicht zur Entwicklung unseres Geschäfts beitragen würden, also, warum sich die Mühe machen? Die wenigen russischen Softwarefirmen wurden damals mit Skepsis begegnet belustigt angeschaut, dann meist ignoriert.

Aber die Dinge begannen sich für uns früher zu ändern, als wir zunächst erwartet hatten: 1994…

Wie bereits erwähnt, haben wir einen Antivirentest der Universität Hamburg gewonnen. Und im Frühjahr 1995 hatten wir bereits ein Dutzend ausländische Partner (vor allem in Europa). Aber was uns wirklich den Anstoß auf ein neues Niveau gab, war unsere zweite Reise zur CeBIT im selben Frühjahr 1995. Dort trafen wir dann die deutsche Firma G-Data. Sie hatte bereits eine lange Geschichte im Antivirenbereich, tatsächlich hatte sie einen der ersten AV der Welt geschaffen (1988 für Atari)! Aber sie war mit ihrer eigenen Antiviren-Engine nicht allzu glücklich, und als sie die Ergebnisse des Hamburger Wettbewerbs sahen, wollten sie mit uns über technische Zusammenarbeit sprechen. Und das war es dann auch (zu einem großen Teil).

So trafen wir (nicht ich persönlich, sondern ein Kollege) 1995 auf der CeBIT zum ersten Mal die guten Leute von G-Data. Auf der CeBIT 1996 unterzeichneten wir (ich persönlich eingeschlossen) mit den guten Leuten von G-Data einen Vertrag über die Lizenzierung unserer AV-Engine und unseres AV-Datenbank-Update-Systems. Aber abgesehen von diesem wichtigen Vertrag gab es für mich auf der CeBIT in den ersten Jahren nicht wirklich viel zu tun, also besuchte ich Hannover das nächste Mal im Jahr 2001. Aber von diesem Jahr an besuchte ich sie jährlich bis 2012 und dann ein weiteres Mal im Jahr 2014, so dass sich meine Gesamtzahl der Besuche auf 15 beläuft.

In der Zwischenzeit wurde unsere Präsenz auf der CeBIT jedes Jahr dazu genutzt, aktiv Distributoren/Vertriebspartner zu suchen und zu finden, vor allem europäische. Im Jahr 1999 teilten wir uns einen Stand mit zwei anderen russischen Unternehmen, und im Jahr 2000 hatten wir einen Stand ganz für uns allein (wenn auch in einer der entfernteren Ecken der Hallen). Im Jahr 2001 hatten wir uns auf die Mitte zubewegt und unser Stand wurde zu einem zweistöckigen (wenn auch neben den öffentlichen Toiletten😊). Danach rückten wir jedes Jahr näher und näher zur Mitte der Halle heran (dort findet die ganze Action statt), und schließlich schafften wir den Umzug auf die Antiviren Straße der CeBIT, mit allen unseren Kollegen und Konkurrenten der AV-Branche als Nachbarn!

Wieso haben wir so lange gebraucht, um unseren verdienten Platz an der Antiviren Straße zu bekommen? Nun, die Organisatoren der CeBIT boten einem Unternehmen immer den Platz an, den man im Vorjahr belegt hatte, und die einzige Chance, einen anderen Platz zugeteilt zu bekommen, bestand darin, dass ein Unternehmen seinen gewohnten Messeplatz verließ und dadurch das Areal frei wurde. So entschied sich unser sehr gelber Konkurrent 2007 aus einem unbekannten Grund, nicht an der CeBIT teilzunehmen und wir nutzten die Chance, um den Platz zu ergattern, und zwar an der besten Stelle auf der gesamten Antiviren-Allee!

Das sind wir auf dem Gemeinschaftsstand mit den beiden anderen russischen Unternehmen im Jahr 1999. „Spitzentechnologien für Unternehmen“ klingt zuversichtlich, solide. Was es wirklich bedeutete: „Wir sind verzweifelt, wir müssen wirklich etwas verkaufen, um über die Runden zu kommen!“

Unser Stand 2000 – in einer Ecke:

2001 – Doppeldecker! ->

Sehen Sie für sich selbst… es war wirklich direkt neben den Badezimmern!

Ein Bild von mir, während ich mir die Hände schmutzig mache, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes:

Wir spulen bis ins Jahr 2008 vor: Es hat sich deutlich verbessert:

Zurück zum Wesentlichen:

Jede Ausstellung, die sich selbst als seriös bezeichnet… sollte doch an einem Messestandort stattfinden. Man erwartet das doch irgendwie, dass sie irgendwo stattfindet, wo es viele Hotels gibt. Stimmt’s? Ja, das stimmt. Aber in Hannover, ja – Sie haben es schon bestimmt erahnt, gibt es (oder gab es? Bin mir der heutigen Situation nicht bewusst) einen katastrophalen Mangel an Hotelzimmern. WAS?!

Die beste und größte jährliche internationale IT-Ausstellung der Welt… fand in einer Stadt statt, in der es kaum Hotels gibt (gab). Die Teilnehmer mussten Wohnungen und Zimmer mieten, die 30, 50, 100 oder mehr Kilometer von der CeBIT entfernt waren. WIESO? Nun ja, erwarten Sie keine zufriedenstellende Antwort von mir, ich weiß es nämlich auch nicht.

Aber sie führte zu einigen interessanten, fast absurden Methoden, um das Defizit auszugleichen. Einheimische, die in der Stadt oder in der Nähe der Stadt wohnten, zogen während des Messezeitraums aus ihren Wohnungen und vermieteten diese lieber an die Ausstellungsbesucher (quasi ein Vorgänger von Airbnb). Einige zogen jedoch nicht „aus“ sondern „nach unten“ in ihre Keller (falls die Eigentumswohnung einen hatte)! Und mit dem nach einigen Jahren gesparten Geld bauten sie ein Haus nebenan und fingen an, auch dieses Haus zu vermieten!

Oder vielleicht ist diese seltsame Situation bezüglich der fehlenden Unterkünfte nur während der CeBIT entstanden? Vielleicht gab es während einer „normal großen“ Ausstellung genügend Übernachtungsmöglichkeiten, was bei der CeBIT sicher nicht der Fall war. Möglicherweise. Ich war ein paar Mal für eine andere Ausstellung in Hannover, z.B. die Hannover Messe, und da hatte ich auch keine Probleme, ein Hotelzimmer in der Stadt zu finden.

Ah – und wenn ich schon über unerklärliche Merkwürdigkeiten in Hannover schreibe, muss ich Ihnen von einer anderen erzählen, an die ich mich gerade erinnert habe: die Situation auf dem Flughafen der Stadt. Manchmal kann es stundenlange Schlangen bei der Passkontrolle geben! Was? In Deutschland?? Nachdem wir zwei- oder dreimal unter solch schrecklichen Warteschlangen gelitten hatten, beschlossen wir, nicht mehr direkt nach Hannover zu fliegen. Daher landen wir jetzt in Hamburg oder Frankfurt. Ich sag es gerne nochmal: „Hannover – bitte reiß dich zusammen!“ :).

Mir ist gerade noch etwas eingefallen. Diesmal keine Kritik an Hannover, sondern nur an meinem vergesslichen Gedächtnis. Das Messegelände verfügt über einen riesigen Parkplatz, der ungefähr die gleiche Fläche einnimmt wie die riesigen Messehallen selbst. Nun, einmal kam ich mit einem Mietwagen an, den ich gerade abgeholt hatte. Ich hatte es wohl etwas eilig, also parkte ich den Wagen und eilte zur CeBIT. Nach der Messe hatte ich jedoch vergessen, wo ich ihn geparkt hatte und auch welche Farbe er hatte! Gott sei Dank war es nicht in den 80ern, als Autofahrer noch keine piependen Autoschlüssel hatten. Trotzdem ich lief eine gute halbe Stunde lang auf diesem verdammt großen Parkplatz herum und drückte auf meine Funkautoschlüssel, bis ich endlich ein erlösendes „piep, piep“ hörte… grrrr.

Huch, ich schweife schon wieder ab. Zurück zu unseren frühen CeBIT-Erfahrungen…

Wie ich schon sagte, gab es für mich, dem IT-begeisterten Eugene, auf der CeBIT anfangs nicht viel zu tun. Verträge mit Distributoren aushandeln, Geschäftsbedingungen besprechen… nein: nichts davon gefällt mir wirklich. Aber dann wurden wir immer bekannter, und mit dem Ruhm kommt… die Presse. Und bevor ich das Ausmaß begriff, war ich der Ansprechpartner für die Presse, der ich aber nie werden wollte. Meine Arbeit mit den Medien explodierte: etwa ein Dutzend Interviews täglich! Die ganze Woche über! Und das ohne Mittagessen (ein Kollege schien es immer zu schaffen, ein zusätzliches, ungeplantes Interview für diese freie halbe Stunde mitten am Tag hineinzuquetschen 😊). Am Abend war ich dann dementsprechend sehr erschöpft. Alle anderen gingen in ein nettes, traditionelles deutsches Restaurant (nach der CeBIT – siehe unten), während ich einfach in mein Hotelzimmer gemietetes Zimmer zurückkehrte, kurz zu Abend aß (meistens eine Wurst vom Imbiss) und schließlich im Schlafsack einschlief. Ich redete den ganzen Tag über mit der Presse, dass ich mich quasi buchstäblich wund redete. Zwei Mal habe ich sogar Bläschen auf der Zunge bekommen!

Erst Jahre später habe ich mir die Frage gestellt: Warum hat sich die Presse so sehr für uns interessiert?

Ich glaube, es liegt daran, dass „Cybersicherheit“ damals ein sehr heißes Thema war (genau wie heute!), und die Aufmerksamkeit dafür schnell zunahm. Und von allen Ständen auf der CeBIT gab es nur einen, (und zwar unser Stand), der in der Lage war, die Expertensicht rund um Cybersicherheit ausführlich zu erläutern. Andere beschränkten sich auf die typischen hellen und glänzenden Produkt/Marketing-Maschen, aber die Leute hatten es satt (das war vor 20 Jahren. Einige sind heute immer noch dabei, stellen Sie sich das mal vor😊). Wir hingegen konnten Geschichten über Cyberkriminelle erzählen, wie und warum sie sich in die Computer und Netzwerke ihrer Opfer einhacken, was sie stehlen und wie sie das, was sie stehlen, in Hartwährung verwandeln können. Und es scheint, dass wir uns vom traditionellen Marketing-Mist unserer Konkurrenten mit unserer Innovation, Leidenschaft und unkonventionellen Art abgehoben haben: Das gefällt nämlich der Presse 😊.

Noch ein paar Bilder. Zeitreise zur CeBIT 2010:

Und hier ist die „Antivirus Allee“. Trend Micro, G-Data, Avira und mehr. Die Organisatoren teilten die Standfläche nach verschiedenen Branchensegmenten auf. Dieser Pavillon wurde allen Arten von Cybersicherheitsfirmen überlassen, auch uns. Doch ab 2010 wurde die Teilnehmerliste der AV-Unternehmen immer kleiner. Symantec, McAfee, F-Secure und andere kleinere Unternehmen kamen alle nicht mehr zum jährlichen Trubel. In der Zwischenzeit wurden wir jedes Jahr größer und fröhlicher (aber immer basierend auf dem Fachwissen😊 )!

Es gab Jahre, an denen ich am Vorabend der Ausstellungseröffnung zur CeBIT ging, als der Aufbau der Stände noch im Gange war:

Hier ist unser Stand im Jahr 2012, alles aufgebaut und einsatzbereit:

…Und hier ist der gleiche Stand am Tag danach. Der erste Ausstellungstag war Non-Stop-Trubel. Für mich: Nonstop-Interviews mit Internet-, TV-, Radio-, Zeitungs- und Zeitschriftenjournalisten, Treffen mit unseren Geschäftspartnern, erstmalige Begegnung mit neuen Geschäftspartnern – und kein Mittagessen ☹ .

Hier ist unser immer volle Lounge-Bereich. Manchmal habe ich ihn als Ad-hoc-Minikonferenzsaal genutzt, um mit verschiedenen Distributoren und Resellers aus der ganzen Welt zu sprechen. Nun, sie waren alle hier, warum dann nicht einfach alle zusammen über unsere Neuigkeiten, Pläne und neuen Produktideen informieren? Dann habe ich vielleicht einfach mal Zeit, etwas zu Mittag zu essen).

Da unser Stand recht groß war, arbeiteten einige Dutzend Mitarbeiter hier. Und diese Mitarbeiter, und natürlich auch unsere Gäste/Partner, mussten regelmäßig gefüttert werden und mit reichlich Flüssigkeit versorgt werden. Dementsprechend hatten wir unser eigenes Mini-Café. Ein Ort, in dem ich leider viel zu wenig Zeit verbracht habe ☹.

Am Abend… (Sie werden es nicht glauben): Party! Bier, DJs, Disco, Tanzen, jeder war Glücklich! Haare: ruiniert.

Eines der vielen tollen Dinge an der CeBIT war, dass man nach den harten Arbeitstagen noch etwas Spaß haben konnte. Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hielt, veranstaltete abwechselnd einen Partyabend auf ihrem Stand. Das macht also eine Party pro Abend für die ganze Woche! Und es gab keine Regeln für das Format der Abendveranstaltung. Nun, das war unser Partyabend:

Ja – das sind zwei Damen, die auf den Tischen tanzen :).

Einige Male luden wir einige in Berlin lebende russische DJs ein, um ein bisschen „Russendisko“ aufzulegen:

Ok, die Musik war nicht nur Russendisko (wir wollten es nicht übertreiben:), aber die Zeichentrickfilme auf den Bildschirmen waren auf jeden Fall sowjetisch. Stundenlang tanzten und tranken wir uns durch die Nacht und unsere Party wurde zu einer der geschäftigsten. Auch das lokale Messemagazin „Messe Zeitung“ war der Meinung: Unsere Nacht wurde als „die coolste Party der gesamten CeBIT“ ausgezeichnet! Leider hat kein Exemplar dieser Ausgabe des Magazins überlebt.

 

Ich glaube nicht, dass es neben der CeBIT noch eine andere Ausstellung – auch keine IT-Messe – gibt, auf der ich gewesen bin, die ein so entspanntes Abendformat erlaubt. Die Hannover Industriemesse zum Beispiel, die im gleichen Gebäudekomplex stattfindet, ist eine „Hemd und Krawatte“-Veranstaltung: absolut keine abendlichen Spielereien :). Sogar der Mobile World Congress in Barcelona, der ähnlich fröhlich, lustig und dynamisch wie die CeBIT ist… erlaubt überhaupt keinen Unfug!

Und zum Schluss, leider leider, spiele ich einen geschriebenen Moll-Akkord…

Anfang 2010 beschloss die CeBIT, obwohl ihr Format jahrzehntelang gut funktioniert hat, ihr Format zu ändern. Sie wurde deutschzentrierter, geschäftlicher und formeller. Infolgedessen kam praktisch das gesamte asiatische Kontingent der CeBIT nicht mehr.

Von da an ging es nur noch bergab. Alles, was mobil war, schien sich auf MWC in Barcelona und andere asiatische Messen zu verlagern, und das war es dann – schließlich: Game over. Die CeBIT hörte 2019 endgültig auf zu existieren :((.

Meine letzte CeBIT fand 2014 statt. Nur drei Antiviren-Unternehmen waren dort vertreten: wir, Sophos und ESET (nur zum Vergleich, auf dem Höhepunkt der CeBIT (2000-2005) waren es etwa ein Dutzend).

Aber bei meinem letzten Besuch war ich aus einem anderen Grund dort:

 

Ich denke, das Foto sagt alles. Nur für alle Fälle, finden Sie hier die Details.

PS: Vielleicht fragen Sie sich sich, warum ich so viel über eine einzige jährliche IT-Ausstellung geschrieben habe.

Nun, eigentlich liegt es daran, dass ich die CeBIT für so entscheidend für unsere Entwicklung halte. Unsere kontinuierliche Präsenz dort war einer der Schlüsselfaktoren für unseren Erfolg, insbesondere in Europa. Denn dort gab es jedes Jahr eine außergewöhnlich hohe Konzentration an nützlichen Kontakten und IT-Presse. Dort konnten wir stolz darüber sprechen, dass wir besser sind als unsere Konkurrenten und die Leute wurden aufmerksam auf uns!

Auch unser „Weg zum Erfolg“, den wir zu einem großen Teil auf der CeBIT beschritten haben, ist heute ebenfalls so ziemlich eine historische Untersuchung entsprechend seiner Zeit. Das ist ein weiterer Grund, warum ich viel geschrieben habe: Es schließt irgendwie ein bedeutendes Kapitel ab, also musste ich es richtig irgendwie machen. Ich bin mir sicher, dass Startups heute nicht mehr so bizarre, zähneknirschende Abenteuer erleben müssen. Heutzutage gibt es Investoren, und man kann aus den Erfahrungen anderer, älterer Unternehmen lernen. Welch ein Glück. Dennoch muss ich gestehen, dass auch wir Glück hatten: Der Weg zum Erfolg, den wir auf der CeBIT beschritten haben, war zwar oft hart, aber hat auch viel Spaß gemacht!

 

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