Lassen Sie mich Ihnen die Welt Moskau mit meinen Augen zeigen

Privjet Droogs!

Wenn man mich fragt, wo ich lebe, antworte ich immer Moskau. Jedoch wohne ich im Jahr hier tatsächlich nur vier oder fünf Monate (die restliche Zeit verbringe ich unterwegs auf Geschäftsreisen). In diesen vier bis fünf Monaten im Jahr sehe ich, abgesehen von den (von mir genutzten) üblichen Wegen, zwischen meiner Wohnung, dem Büro und den drei internationalen Moskauer Flughäfen (MOW), nur sehr wenig. Gelegentlich gehe ich ins Zentrum, um diese und jene Erledigungen zu machen, wie einen Zahnarztbesuch, unsere Weihnachts-/Neujahrsfeier oder in die Klinik, um mir meine Gelbfieberimpfung (die man für bestimmte lateinamerikanische Länder und Afrika braucht) geben zu lassen. Abgesehen davon, kenne ich kaum etwas von diesem Ort. Wer hätte das gedacht? Ich — ein praktisch pausenlos reisender Geschäftsmann und Tourist —wäre niemals drauf gekommen, in der Stadt in der ich lebe ein Tourist zu sein?! Seltsam. Also entschied ich am Wochenende, daran was zu ändern. Von zwei in Moskau wohnhaften Freunden, mit denen ich schon weit gereist bin, und die mich als „Touristen“ begleiteten, war es an der Zeit, Moskau zu erkunden — zumindest einiges davon, was während eines sechs-stündigen Marsches im Gleichschritt zu schaffen ist…

Wir gingen bei den Sperlingsbergen los und kamen bei Molochnyy Pereulok, oder Dairy Lane, an:

 
Dieses Wochenende war ein ganz besonderes, da das orthodoxe Osterfest im Mai stattfand (eigentlich genau heute: am „Maifeiertag und Tag der Arbeit“). Jeder war in Feierlaune, wahrscheinlich deswegen, weil der darauffolgende Montag und Dienstag, nationale Feiertage waren. Vielleicht hatte das wunderbare Wetter auch etwas mit der Partystimmung zu tun. Ich denke, dass unsere Route auch zur Ausgelassenheit beitrug: Der Weg entlang an der Moskwa ist wirklich schön — und jetzt gibt es dort auch Fahrradwege. Aber wir entschieden uns, zu laufen — um die Landschaft, die gänzlich beeindruckend und positiv war, voll und ganz zu genießen: und es hat funktioniert!

Nicht einmal die Aussicht auf die bizarre und eher abscheuliche „Bärenskulptur“ am Eingang des Gorky Parks, konnte unsere Stimmung dämpfen…

'Gorky Park'

‚Gorky Park‘

Was zum…? Was für ein Ungeheuer. Und wozu sind die Absperrungen gut? Damit man sich nicht an all diesen scharfen Kanten schneidet? Hätten sie es nicht wenigstens bemalen können? Ok, es scheint so, als hätte Rost dieselbe Farbe wie Bären, ganz genau dieselbe. Und nein, ich bin nicht glücklich mit dieser Statue. Ich bin der Meinung, dass wilde Bären aus Kamtschatka — sogar aus der Nähe — angenehmere Gefühle erzeugen. Oh, aber darauf gehen wir besser nicht näher ein. Wir setzen unseren Marsch fort…

Die Aussicht hinter uns scheint eher unwirklich — aus der Ferne erhält man den Eindruck, Moskau City würde im Wald liegen.

Ein Hauch von technokratischem Terrain:

Ein Ort mit grandioser sowjetischer Architektur:

Und ebenso postsowjetischer Architektur:

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Hier sehen Sie ein Beispiel postsowjetischer Städteplanung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man vor hatte, als dieses beige Wohngebäude konstruiert wurde (dessen oberen drei Etagen hinter dem langen Gebäude, das davor steht, sichtbar werden), dessen Wohnungen anschließend (zu astronomischen Preisen), mithilfe von Beschreibungen wie „unbezahlbare Aussicht auf die Moskwa, die Tretjakow Galerie und das [sehr angesehene] Stadtviertel Yakimanka“, zu verkaufen. Ja, aber das galt nur ein paar Jahre, danach und bis heute — kann man bloß die Aussicht auf die Rückseite einiger brutaler und nichtssagenden Bürogebäude sehen. Großartig. Was für eine Investition!

Oh, das ist der zweite Schritt auf die dunkle Seite. Zurück zur hellen Seite. Und es geht weiter!…

Hmm, schöner Effekt: Vor der Tretjakow-Galerie für moderne Kunst stehen Springbrunnen. Die Kinder lieben das und springen in ihnen herum — ein Zeichen dafür, dass der Sommer nicht mehr lange auf sich warten lässt. Als Nächstes, etwas berühmt-berüchtigtes worüber es geteilte Meinungen gibt:

https://www.instagram.com/p/BE_L-1cOiU6/

 

Ja Freunde, es ist die Statue von Peter I. des Großen. Einige hassen sie. Viele finden es absurd, dass die Statue jemanden ehrt, der Moskau bekanntermaßen verabscheute (er stammte aus der Stadt St. Petersburg — die er nach seinem Schutzpatron, dem Apostel St. Peter benannte). Ich bin größtenteils unentschlossen, ich hasse sie nicht, aber ich finde sie auch nicht toll. Wohlgemerkt, sieht sie auf ihrer kleinen eigenen Insel nicht so schlecht aus. Ein bisschen wie die Freiheitsstatue! Oder vielleicht auch nicht. Ich möchte damit nur sagen… es ist ungewöhnlich. Ungewöhnlich interessant J.

Als Nächstes — in der Nähe der Statue Peter I. des Großen machen wir ein Bummel über die größere Insel und der dort gelegenen Roter Oktober Süßwarenfabrik (nicht zu verwechseln mit der Malware Roter Oktober). Zufällig kenne ich jemanden, der in der Nähe wohnt: bis 2007 (als die Produktion eingestellt wurde) roch die Umgebung an bestimmten Tagen nach Schokolade. Süß! Im wahrsten Sinne des Wortes J. Heutzutage erinnert sie ein bisschen an ein Künstlerviertel mit angesagten Restaurants, Nachtclubs, Hörsälen unter freiem Himmel, Galerien und anderen kleinen künstlerischen Einrichtungen. Meine Begleiter sagten mir, dass dies der Ort sei, an dem man sich Freitagabend aufhalten sollte.

Aha, so geht es weiter, noch ein negativer Aspekt schleicht sich ein…

…Das ist, was ich an Moskau nicht leiden kann — das architektonische Chaos. Über die Jahrhunderte hinweg wurde viel erbaut und viel zerstört (ich würde sagen, im Durchschnitt mehr als bei anderen Hauptstätten der Welt), viel saniert und viel aus dem Nichts wieder aufgebaut. Aber ohne Gesamtkonzept dafür zu erstellen. Das heutige Ergebnis ist, eine wahrhaftige Soljanka (eine Suppe mit riesigen Fleisch- und Fischstücken, und Gemüse!). Eine Mischung aus: Kathedralen, Kirchen, Kapellen, am Horizont eine der Sieben Schwestern Stalins — das Ministerium für auswertige Angelegenheiten — und dahinter die Wolkenkratzer von Moskau City mit ihren Grünanlagen, die im Nachhinein angelegt wurden. Nein. Für meine ästhetische Einschätzung ist das Niveau zu niedrig: Ich bin einfach unfähig, den Soljanka-Stil von Moskau zu bewundern. Und ich glaube auch nicht, dass man mich davon abbringen kann…

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Allerdings sind die Moskauer Alleen weltklasse! Noch dazu gibt es jetzt die Möglichkeit, Fahrräder, wie die Boris Bikes auszuleihen. Endlich!

Hmmm. The concept hasn't quite caught on yet :)

Hmm, Das Konzept wird bis jetzt nicht wirklich wahrgenommen 🙂

Noch eine fast unumgängliche Sehenswürdigkeit einer Großstadt — die Straßenkünstler:

moscow_walk_34Die Moskauer Innenstadt hat immer ihren gerechten Anteil an Touristen und Personen (wie ich), die nicht aus Moskau stammen:

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Allerdings ist Moskau nicht für seine freundlichen Gesichter auf den Straßen berühmt (!), aber sobald Sie einen Moskauer nach dem Weg fragen, verschwindet der strenge Blick, und Ihnen wird ein Lächeln und Freundlichkeit entgegengebracht J.

Moscow: easy to get lost in

Moskau: es ist einfach, sich hier zu verlaufen

Als Nächstes ein Spaziergang auf der obligatorischen Arbat. Moskauer — und nicht Moskauer, die die Stadt besucht haben — berichten immer über diese Fußgängerzone als einer der touristischen Höhepunkte, fast so, als wäre sie gleichwertig mit der Rambla in Barcelona, aber ich habe nie wirklich verstanden, warum. Es ist … in Ordnung. Sie ist sauber, ordentlich und aufgeräumt, aber sie scheint sich nie zu füllen. Warum wird so von ihr geschwärmt? Vielleicht weil sie so touristisch ist — es gibt viele Marktbuden, die Matrioshka-Puppen und russische Armeehüte uns so weiter verkaufen.

Wir laufen weiter auf die New Arbat. Neu? Warum umsäumen sie dann immer noch „alt aussehende“ Wolkenkratzer? Obwohl sie in den 60er Jahren gebaut wurden (das Empire State Building — wurde 1931 fertiggestellt!), sehen sie so runtergekommen und… abrissreif aus. Hmm. Vielleicht deswegen, weil sie offensichtlicher Weise nicht gereinigt, repariert oder renoviert wurden — werden sie bald abgerissen? Andere große sowjetische Gebäude in Moskau, die ebenfalls grauenhaft aussahen, wurden vor Jahren abgerissen (das Intourist Hotel, das Rossija Hotel…). Im Übrigen erlangte die New Arbat ihren Spitznamen „Zahnprothese“ wegen den Wolkenkratzern, die an Zahnlücken erinnern.

Als Nächstes biegen wir in eine Seitenstraße der Arbat und kommen zum Melnikov House. Ich habe so viel darüber gehört und gelesen, es aber noch nie gesehen. Wenigstens sind wir jetzt dort! Leider war es geschlossen und Führungen werden nur nach Vereinbarung gegeben. Na ja…

moscow_walk_37Als Nächstes… Äh? Das Kamasutra auf einer Hausfassade abgebildet? Einen Moment… Pushkin und Tolstoy die sich umarmen? Wie bitte? J

Es stellt sich heraus, dass es das Broido Wohngebäude auf der Plotnikov Lane ist. Ebenfalls stellt sich heraus, dass den Legenden nach dieses Gebäude ein Bordell war, das häufig von Schriftstellern wie Pushkin, Tolstoy und Gogol besucht wurde. Deswegen sind diese Schriftsteller so frech auf den Mauern des Gebäudes abgebildetJ. Moskau ist voller Überraschungen, wenn Sie nur stark genug danach Ausschau halten!

Das Gebäude daneben erinnerte sehr an die Architektur aus Singapur, vor allem wegen den Bäumen auf dem Dach!

Und das ist ein Wohngebäude. Stallungen ist wohl der passendere Begriff:

Wow! Ein Holzhaus. In der Innenstadt von Moskau. Das hatte ich nicht erwartet! Wahrscheinlich steht es heute unter Denkmalschutz.

Warten Sie! Wo bin ich? In Moskau? Wirklich? So können also bessere Stadtviertel in Moskau aussehen? Ich bin beeindruckt! Ich sollte öfters die Seitenstraßen und die Alleen der Hauptstadt erkunden…

Uff. Nach einer Wanderung von ungefähr 20 Kilometern, durch das Zentrum und den Südwesten Moskaus (muss ich nun die anderen Zonen kennenlernen…), war es an der Zeit, fröhlich von meinem vertrauenswürdigen touristischen Begleitern Abschied zu nehmen und nach Hause zu gehen — um meine Fotos zu bearbeiten und diesen Text zu schreiben. Hier sind also meine bearbeiteten Fotos und mein Artikel. Ich hoffe, er gefällt Ihnen. In Zukunft können Sie weitere Erkundungsfußmärsche durch Moskau erwarten!…

moscow_walk_52Alle Fotos der Moskauer Tour finden sie hier.

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